Ehrlicherweise muss man sagen, dass die genannten[1] vielversprechenden Ansätze nicht typisch für die allgemeine Entwicklung sind, weder in Japan selbst, noch in der Region Ostasien oder international. Im Gegenteil; der Wind weht in eine ganz andere Richtung.

So nutzte zum Beispiel eine mächtige und gut vernetzte Lobby die Pandemie-Krise, um die Zulassung der Abtreibungspille in Japan zu beschleunigen. Die japanischen Zulassungsbestimmungen für Medikamente sind strenger als in den meisten anderen Ländern der Welt, und selbst im Ausland seit langem bewährte Arzneien müssen vor der Zulassung besondere, eigene Tests in Japan bestehen. So war es auch bei den Covid-19-Impfstoffen. Während in anderen Ländern schon massenhaft geimpft wurde, durchliefen die Impfstoffe – einer nach dem anderen –  gesonderte japanische Tests vor der dortigen Zulassung[2]. Umso seltsamer mutet an, dass ausgerechnet während der Corona-Krise die Zulassung der zuvor in Japan höchst umstrittenen Abtreibungspille durchgesetzt werden konnte.

Die Geister die man rief …

Ein Fall für sich ist die Volksrepublik China. Nach Jahrzehnten der maoistischen „Ein-Kind-Politik“, die mit barbarischer Härte die Geburtenrate gedrückt hatte, vor allem mit einer monströsen Zahl erzwungener Abtreibungen, stürzt das Land nun in eine demographische Krise gigantischen Ausmaßes.

Es zeigt sich, dass man zwar mit harter Hand auch das Wachstum des größten Volkes abwürgen kann. Die Umkehr des Verfahrens ist aber auch mit noch so vielen Anordungen und Anreizen nicht leicht zu bewerkstelligen. Ist einmal die Normalität menschlichen Zusammenlebens zerstört, kann es Generationen dauern, bis sich die Gesellschaft von der psychischen Tortur erholt hat.

Ein auf „Social Engineering“ gründendes Gesellschaftssystem kann zwar kurzfristig und oberflächlich Verhaltensänderungen erzwingen und erfolgreich destruktiv wirken, aufbauen und ermutigen kann es aber kaum. Bisher verpuffen die Programme zur demographischen Trendumkehr in China weitgehend wirkungslos. Ganz nebenbei wurde China inzwischen von Indien als volkreichste Nation der Welt abgelöst. Dieser „Rekord“ hat zwar eigentlich keine Bedeutung; aber typischerweise wurmt er die Herrschenden in Peking, die nicht anders denken können als in Übertrumpfen und Übertreffen.

G7 im Rückwärtsgang?

Aber hüten wir uns vor jeder Schadenfreude! Auch ein nur gradueller Niedergang Chinas hat massive Auswirkungen auf Weltwirtschaft und globale Stabilität. Deshalb gehört das Thema Demographie – fernab von jedem Freund-Feind-Denken – auf die Tagesordnung internationaler Gremien und Gipfeltreffen.

Schaut man sich aber an, was dabei heraus kommt, dann ist die Enttäuschung groß, und wir stellen fest, dass es in Sachen Demographie für uns keinen Grund zu Selbstzufriedenheit und „China-Bashing“ gibt.  

Ende Mai 2023 fand in Hiroshima[3] der jährliche Gipfel der Staats- und Regierungschefs der G7 statt, des wichtigsten Koordinierungsforums der führenden „westlichen“[4] Nationen. Die Abschlusserklärung des Gipfels enthält – von der allgemeinen Öffentlichkeit wenig beachtet – auch Aussagen, die für die Themen Familie und Demographie höchst relevant sind, allerdings in einem Sinne, der den Bemühungen zur demographischen Trendwende diametral zuwiderläuft.

Unter dem Punkt „Gleichstellung der Geschlechter“ (sic) findet sich dort folgende Aussage[5]: „Wir bekräftigen unser uneingeschränktes Engagement für die Verwirklichung umfassender sexueller und reproduktiver Gesundheit und damit verbundener Rechte für alle Menschen, einschließlich der Frage des Zugangs zu sicherer und legaler Abtreibung und der Versorgung nach der Abtreibung“[6].

So deutlich wird es in internationalen Gremien selten gesagt. Abgesehen vom moralischen Aspekt – der erschreckenderweise gar keine Rolle spielt – scheint niemand auf den Gedanken zu kommen, dass die massive Förderung von Abtreibung auch bevölkerungspolitisch gesehen keine intelligente Idee ist.

Bundeskanzler Scholz hat diese Erklärung mit unterschrieben; und das obwohl sie in Geist und Wortlaut dem geltenden Recht in Deutschland und den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts klar widerspricht. Deutschland kann und darf die vom Kanzler mit übernommene[7] Verpflichtung gar nicht erfüllen, jedenfalls nicht ohne Verstoß gegen das Grundgesetz.

Aber das ist letztlich ein Thema, bei dem Fragen des demographischen Wandels gar keine Rolle mehr spielen (und auch nicht spielen sollten), denn hier geht es um das Menschenbild in unserer Gesellschaft und um die Grundlagen unserer Verfassung[8].


[1] Vgl. Teil 1 des Beitrags: https://erziehungstrends.info/von-spin-doktoren-und-zauberlehrlingen-was-tun-gegen-den-bevoelkerungsrueckgang-1

[2] Danach allerdings verlief die japanische Impfkampagne schnell und zielgerichtet, und Japan „überholte“ bald andere Länder, einschließlich Deutschland.

[3] Im Jahr2023 hat Japan den Vorsitz im G7-Format.

[4] Im politischen Sinne.

[5] Vgl. Pkt. 42-44 der Erklärung.

[6]https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975254/2191654/07d8da9792b7735af2c29d633ec91003/2023-05-20-g7-communique-deu-data.pdf?download=1

[7] Aus Versehen? Keiner der sieben Regierungschefs dürfte alle 52 Seiten der Erklärung genau gelesen haben. Gegen ein „Versehen“ spricht allerdings, dass das Thema unter der Tarnbezeichnung „reproduktive Rechte“ seit langem auf der Agenda steht. Die Bundesregierung scheint zudem selbst entschlossen, in Deutschland eine völlige Freigabe der Abtreibung durchzusetzen.

[8] Vgl. a. den Beitrag „Was ist los mit den Menschenrechten?“ https://erziehungstrends.info/was-ist-los-mit-den-menschenrechten-3