Gegrüßet seist Du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit Dir! Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht Deines Leibes, Jesus, der sich bei der Hochzeit zu Kana offenbart hat.

Eine Hochzeitsfeier[1] gibt den Rahmen für das erste überlieferte Wunder Jesu; schon daraus können wir etwas lernen:

Anders als Johannes der Täufer, der „Wegbereiter“, zieht Jesus nicht in die Einsamkeit der Wüste, sondern mitten ins Leben der Menschen. Ganz offensichtlich hatten Jesus und seine Jünger viele Freunde und Bekannte; sie waren schließlich keine Spielverderber oder leibfeindliche Sektierer[2]. Und auf einer höheren Ebene wird durch Jesu Gegenwart auf dieser Hochzeit schon die Wertschätzung und Heiligkeit der Ehe als solcher sichtbar, quasi in Vorbereitung ihres sakramentalen Charakters.

Dass (wieder) Wasser und nun auch Wein im Mittelpunkt des äußeren Geschehens stehen, verweist auf biblische Traditionen mit tiefen Wurzeln im Alten Testament[3]. Es geht nicht um Zauberei, sondern um eine verborgene „endzeitliche Verheißung“[4]. Und natürlich ist hier ein Hinweis auf die Eucharistie zu sehen. Dadurch wird plötzlich die scheinbar so sonderbare Geschichte von der fernen Verwandlung von Wasser in Wein aufregend sinnreich und kommt uns ganz nahe: Geschieht doch jedes Mal bei der Feier der Eucharistie – in der Wandlung – ein ebenso großes, sogar noch größeres Wunder.

Aber noch jemand steht in der Mitte dieser Begebenheit: Maria, die Gottesmutter, als Fürsprecherin. Sie sieht die Nöte der Menschen schon von sich aus, und bringt sie vor ihren Sohn. Das ermutigt uns dazu, ihrer Fürsprache zu vertrauen. Aber auch das, was sie anschließend zu den Leuten sagt, sollte uns stets in den Ohren klingen, denn es gilt auch uns: „Was er Euch sagt, das tut!“ (Joh. 2, 5).

Die heute oft gering geschätzte Begebenheit auf der Hochzeit zu Kana steckt also voll tiefer theologischer Bezüge und für unseren Glauben wichtiger Wahrheiten. Lassen wir sie in der Meditation auf uns wirken, und nehmen wir dies als Ermutigung und Stärkung im Glauben. Außerdem: Diese wunderbare Geschichte sollte uns fröhlich stimmen, gute Laune machen. Jesus ist mit uns in schlechten und in guten Tagen, und er will dass wir frohe Menschen[5] sind, die das Leben genießen können, ohne Zagen und Zaudern.

Bild: NICOLAS VLEUGHELS (1668-1737), Die Hochzeit zu Kana, 1728


[1]Joh. 2, 1-12

[2]Vgl. Jesu Antwort auf Vorwürfe, seine Jünger seien zu sehr der Welt zugewandt: „Können denn die Hochzeitsgäste fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist?“ (Mk. 2, 18). Vgl. dazu auch St. Josemaria Escrivas berühmte Haltung der Zugewandtheit: „Die Welt leidenschaftlich lieben“ https://opusdei.org/de-de/article/die-welt-leidenschaftlich-lieben-50-jahrestag/

[3]Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.: Jesus von Nazareth. Erster Teil: Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung. Freiburg, Basel, Wien. o.D., S. 291 ff.

[4]a.a.O. S. 295

[5]Vgl. das schöne Kirchenlied „Nun danket alle Gott“ (Gotteslob Nr. 405), v. 2: Der ewigreiche Gott woll’ uns in unserm Leben ein immer fröhlich Herz und edlen Frieden geben…“