Gegrüßet seist Du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit Dir! Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht Deines Leibes Jesus, den Du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast.
Der Evangelist Lukas berichtet von dem Reinigungsopfer, das am am vierzigsten Tag nach der Geburt vorgeschrieben war. Dabei mussten die Eltern ein Opfer bringen das ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten entsprach. Für Maria und Joseph war es die Variante für arme Leute (Lk. 2, 24). Außerdem war nach jüdischer Tradition der Erstgeborene im Tempel vorzustellen und „auszulösen“[1]. Aber es geschieht hier noch etwas Anderes, das auf Größeres verweist: Das Kind Jesus wird eigentlich gar nicht „ausgelöst“, sondern dem Vater im Himmel öffentlich „zugeeignet“[2]. Insofern ist auch die traditionelle Bezeichnung des Vorgangs als „Darstellung Jesu im Tempel“ treffend. Die Reaktion von Simeon und Hanna (Lk. 2, 25-38), die den Messias in prophetischer Lobrede begrüßen, hebt diesen Aspekt hervor.
Doch enthält der Begriff „Aufopferung“ Wesentliches, weist er doch schon voraus auf das Kreuzesopfer Jesu[3]. Denken wir daran, wenn wir den Weihnachtsfrieden genießen, uns von der weihnachtlichen Freude stärken lassen (was völlig richtig und legitim ist): Der dort als Kind in der Krippe liegt, ist der Erlöser; und die Erlösung geht den Weg des Kreuzes.
Die Heilige Familie lebte getreu den Regeln der jüdischen Überlieferung, obwohl sie gewiss keiner kultischen Reinigung bedurfte. Ihr Beispiel ist gerade in unserer Zeit wertvoll: Die Gottesgebärerin nimmt für sich kein Sonderrecht in Anspruch, sie sieht sich eben als „Magd des Herrn“ (Lk. 1, 38). Ihr Beispiel lehrt uns Demut und Gottvertrauen. Wir dürfen auf den Segen vertrauen, der uns in den Sakramenten und in der Lehre der Kirche zugesprochen und – im Glauben angenommen – in unserem Leben wirksam wird.
Bild: Giotto die Bondone
[1]Zu den Einzelheiten vgl. Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.: Jesus von Nazareth. Prolog. Freiburg, Basel, Wien 2012. S. 88 ff.
[2]Ebd. S. 90.
[3]Worauf auch Lk. 2, 35 verweist, mit der Ansage an Maria: „Deine Seele wird ein Schwert durchdringen“. Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. a.a.O. S. 93.