Am Wegesrand, am Kreuzweg Christi, warten weinende Frauen. Sind es bestellte Klageweiber? Aber wer hätte sie für diesen Anlass bestellen sollen? Sind es Frauen aus dem Jüngerkreis Jesu? Davon steht zumindest hier nichts. Oder zufällige Zeuginnen des grausamen Geschehens, die vom Anblick überwältigt spontan in Weinen und Klagerufe ausbrechen?

Vielleicht war beides dabei, Schaulust und ritualisierte Klage, aber auch echtes Mitleid und Trauer. Jedenfalls – und das muss uns aufmerken lassen – hält Jesus für einen Moment inne! Und dieses Mal nicht, weil ihn die Kräfte verlassen!

Er hat diesen Frauen etwas zu sagen, und nicht nur ihnen. Es ist ihm so wichtig, dass er alle seine schwindenden Kräfte noch einmal aufbringt um es zu sagen (sicher sehr zum Unwillen der Schergen): Nicht um ihn sollen sie weinen, sondern um kommende Schrecknisse. Ihr eigenes Schicksal und das der Bewohner Jerusalems sollte ihnen Angst machen.

Ist da ein Hauch von Ärger zu spüren? Eine Drohung gar? Es gibt gewiss deutliche „Gerichtsworte“ Jesu im Neuen Testament, Warnungen und Mahnungen, Rufe zur Umkehr. Das scheint hier deutlich auf. Spontane Ausbrüche sehen anders aus. Aus dem Munde des Gottessohnes kommt dem eine Bedeutung zu, die alle individual-psychologischen Deutungen überholt: Noch auf dem Weg zur Hinrichtung empfindet Jesus – selbst bis an die Grenze des Erträglichen gequält – Sorge und Mitleid.

Erneut wird etwas Zentrales aus seiner Predigt geradezu dinglich fassbar: Der äußerste Ernst der Entscheidung für Gott; das ist nichts, was man aufschieben darf. Es geht um alles – damals wie heute. Denken wir daran, damit die klagenden Frauen nicht am Ende auch um uns geweint haben …

zu den einzelnen Kreuzwegstationen