Es passiert nur selten, aber manchmal muss ich auch die feministische Zeitschrift EMMA zitieren, denn auch wenn wir uns nicht in allen Dingen einig werden, ist man beim Zentralorgan von Alice Schwarzer bei vielen Themen dennoch sattelfest auf der richtigen Seite. 

So auch gerade überraschend beim neuen Konversionsgesetz, das vergangene Woche im Bundestag verabschiedet wurde. „Wo keine Krankheit ist, braucht es keine Therapie“ – so fasst der offen homosexuelle Gesundheitsminister Jens Spahn Sinn und Zweck des beschlossenen „Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlung“ zusammen. 

Er hat den Beisatz vergessen: „Was gesund ist, bestimmt jetzt die Politik und kein Arzt“.  Therapeuten und Experten, die seit Jahren und zunehmend Jugendliche mit Geschlechtsidentitätsstörungen behandeln, laufen nun Sturm, wie EMMA unter diesem berichtet. Das Gesetz sei „ein Desaster!“.

Therapeuten auf Anklagebank

Denn ab sofort stehen Therapeuten mit einem Bein bereits auf der Anklagebank, allein nur wenn sie „ergebnisoffen“ mit Menschen arbeiten, die mit ihrer Sexualität und ihrem Geschlecht in Konflikt sind. 

Als die Grünen und Schwulenverbände sich diese Gesetzesinitiative bereits 2013 erstmals ausdachten, war der erklärte Gegner die christlichen Kirchen. Es waren die sogenannten „Homoheiler“, die angeblich mit „Elektroschocks“ oder „Teufelsaustreibungen“ Homosexuelle zurück auf den heterosexuellen Weg zwingen würden. 

Bis heute konnte zwar kein solcher „Homoheiler“, der mit derartigen Methoden arbeitet, in Deutschland gefunden werden, das Gesetz wurde dennoch gemacht. In Konsequenz ist es ein Verbot von Therapie auch für jene, die selbst und freiwillig Hilfe suchen, weil sie mit ihrer Sexualität nicht zurechtkommen. Soll es ja geben, nicht nur auf der Seite der Heterosexuellen, sondern überall, wo Menschen sexuell begehren.

Transsexualität

Auf den letzten Metern wurde nun in dieses Gesetz zusätzlich das Thema Transsexualität mit obendrauf gepackt, sodass jetzt Kinderpsychologen nicht mehr hinterfragen dürfen, wenn ein Kind sein Geschlecht wechseln will. Und was Eltern dazu noch sagen dürfen, ohne dass ihnen der Verlust des Sorgerechtes droht, wenn sie sich gegen den Wechselwunsch des Kindes wehren, ist noch gar nicht geklärt!

Schon jetzt hat die oft einseitige, man sagt auch affirmative Therapiepraxis mancher Transtherapeuten dramatische Folgen. Denn wer als Kind bereits in der Pubertät hormonell und chirurgisch sofort behandelt wird, sich Brüste, Penis oder Gebärmutter entfernen lässt, weil der Therapeut nicht mehr gegensteuern darf, richtet an sich selbst unwiderruflichen Schaden an. 

Rückkehrer-Trauma

Die ersten Trans-Betroffenen „kehren zurück“, sind nun lebenslange Patienten und körperlich gezeichnet. Auch dazu findet sich bei EMMA übrigens ein beklemmender Erfahrungsbericht von drei jungen Frauen, die den Weg „Einmal Mann und zurück“ hinter sich haben und heute sagen: Wir wurden nicht aufgeklärt über die Risiken, wir wurden nicht auf Alternativen hingewiesen. Heute versuchen sie, wieder in ein Leben als Frau zu finden. Ihre Brüste sind amputiert, ihre Gebärmutter entfernt. So kann es enden, wenn Ärzte nicht mehr hinterfragen, sondern nur begleiten dürfen. 

Berg von Widersprüchen

Ganz nebenbei offenbart das neue Konversionsgesetz aber auch ein weiteres Paradoxon jener Szene, die ansonsten gerne davon spricht, dass Geschlecht „fließend“ sei. Dass man es wechseln könne. Gender-Fluid nennen es manche. Offenbar kann „Geschlecht“ und „Sexualität“ aber nur in eine Richtung fließen: Wer von hetero zu homo, oder vom biologischen in ein frei gewähltes Geschlecht wechseln will, bekommt Beratungsstellen aus Steuergeldern und Operationen von der Kasse bezahlt. 

Wer von homo zu hetero will, oder von „trans“ wieder zurück, oder gar nicht erst hin, weil er unsicher ist, wird ab sofort keinen Therapeuten und nicht einmal einen Seelsorger mehr finden, weil diese sich strafbar machen.

Wenn Lobbyisten, Politiker und Ideologen definieren, wer gefälligst kein Problem haben darf, endet es faktisch in unterlassener Hilfeleistung für jene, die nicht die erwünschte sexuelle Vorliebe haben. Genderpolitik produziert keine Lösungen, sondern Opfer. Die Kinder und Jugendlichen werden die ersten sein.

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Birgit Kelle
Birgit Kelle arbeitet als freie Journalistin und Autorin. Sie wurde 1975 in Siebenbürgen, Rumänien, geboren und siedelte als Neunjährige mit ihrer Familie noch aus dem real existierenden Kommunismus nach Deutschland um. In verschiedenen Landtagen und vor dem Familienausschuss des Deutschen Bundestages trat sie als Sachverständige für die Interessen von Müttern und Familie, sowie als Expertin im Themenkomplex Gender auf. Als regelmäßiger Gast in diversen Talksendungen im Deutschen Fernsehen zu den Themenfeldern Familien-, Frauen-, Genderpolitik und Feminismus-Kritik wurde sie einem breiten Publikum bekannt. Im August 2013 erschien ihr erstes Buch zu Frauen- und Familienpolitik in Deutschland – „Dann mach doch die Bluse zu“ – im März 2015 ihr zweites Buch „Gendergaga“ – eine satirische Kritik an der aktuellen Gender-Mainstreaming-Politik, 2017 folgte ihr aktuelles Buch „MUTTERTIER. Eine Ansage“ im Fontis Verlag, Basel. Kelle schreibt für zahlreiche Print- und Onlinemedien in Deutschland und Österreich und als regelmäßige Kolumnistin für das Magazin FOCUS und die Tageszeitung DIE WELT. Neben ihren eigenen Büchern schreibt sie auch als Ghostwriterin für andere sympathische Menschen. Die Buchtitel können wir Ihnen leider nicht mitteilen, weil sich diese Seite sonst innerhalb von Sekunden selbst zerstört – zusätzlich zu dem diskreten Vertrauensverhältnis zu diesen Kunden. Kelle ist Vorsitzende der völlig genderunsensiblen Initiative Frau-Familie-Freiheit/Frau 2000plus e.V., begeisterte Mutter von vier Kindern, langjährig leidendes CDU-Mitglied und weibliche Feministin. Dazwischen neigt sie chronisch dazu, ihre Gedanken frei auszusprechen und sehr zum Leidwesen gendersensibler Bevölkerungsgruppen auch dazu, diese aufzuschreiben.