Darwin kurz vor seinem Tod. Gemälde von John Collier.

Als „gläubiger Mensch“ ist man heute schnell in einer Minderheit. Der gesellschaftliche „Mainstream“ ist nicht-religiös und kirchenkritisch. Das kommt einerseits aus der antiklerikalen Tradition der europäischen Aufklärung und er atheistischen Ideologien des 20. Jahrhunderts; andererseits von einer grundsätzlichen Unsicherheit über jede Art von Transzendenz.

Scientismus statt Wissenschaft

Unser Zeitgeist, dessen Spiegel die „veröffentlichte Meinung“ in den Medien ist, lässt fast nur noch ein verkürztes, (pseudo-) naturwissenschaftliches Erkenntnismodell zu: Wahr ist, was man sehen, greifen, experimentell erforschen kann. Transzendentes kann man aber weder direkt sehen, noch greifen; und auf jede Art nicht-naturwissenschaftlicher experimenteller Nachweise vertraut „man“ nicht. Ein sehr verbreiteter, aber unscharfer, einäugiger Blick auf die Wirklichkeit, mehr ein ideologisch „scientistischer“ als ein wissenschaftlicher Ansatz, der weite Bereiche der Realität ausschließt.

Wer sich dem gegenüber als gläubiger Mensch zu erkennen gibt, stößt deshalb schnell auf die skeptische und oft spöttische Frage: Glaubst du das wirklich? Dahinter steht oft das kaum reflektierte Gefühl, alles das mit Gott, Christus usw. könne es ja gar nicht geben – schon weil es in der eigenen Lebenserfahrung nicht vorkommt bzw. in dem, was man so hört und liest.

Wissenschaft statt Scientismus

Ganz anders sahen das noch die großen Naturwissenschaftler des 19. und 20. Jahrhunderts, auf deren Erkenntnissen nicht nur unsere technische Zivilisation, sondern auch unser heutiges europäisches Weltbild beruht. So bekannte Max Planck, der Vater der Quantenphysik:

Wohin und wie weit wir also blicken mögen, zwischen Religion und Naturwissenschaft finden wir nirgends einen Widerspruch, wohl aber gerade in den entscheidenden Punkten volle Übereinstimmung. Religion und Naturwissenschaft schließen sich nicht aus, wie heutzutage manche glauben und fürchten, sondern sie ergänzen und bedingen einander – Gott steht für den Gläubigen am Anfang, für den Physiker am Ende allen Denkens.

Auch Albert Einstein verwahrte sich deutlich dagegen, ihn für atheistische Weltanschauungen zu vereinnahmen:

Die gängige Vorstellung, ich sei ein Atheist, beruht auf einem großen Irrtum. Wer sie aus meinen wissenschaftlichen Theorien herausliest, hat diese kaum begriffen.

 
Und in der Tat – die Entwicklung der Physik seit Einstein und Planck hat viel dazu beigetragen, den alten falschen Dualismus zwischen Glauben und Wissen abzubauen, dem sich viele (keineswegs alle) Aufklärer des 18. Jahrhunderts verpflichtet fühlten und der eigentlich nicht mehr dem Erkenntnisstand des 21. Jahrhunderts entspricht.

Intelligent Design – nach Darwin


Ein oft missbrauchter Kronzeuge für das agnostische bis atheistische, populär-„wissenschaftliche“ Weltbild unserer Gegenwart ist Charles Darwin, aus dessen Theorie über die Entstehung der Arten eine a-religiöse Weltanschauung gebastelt wurde. Dass es sich dabei um einen Pseudo- Darwinismus handelt, der sich nicht auf seinen vermeintlichen Gründer berufen kann, belegt folgendes Bekenntnis Darwins:

Ich habe niemals die Existenz Gottes verneint. Ich glaube, dass die Evolutionstheorie absolut versöhnlich ist mit dem Glauben an Gott. Die Unmöglichkeit des Beweisens und Begreifens, dass das großartige, über alle Maßen herrliche Weltall ebenso wie der Mensch zufällig geworden ist, scheint mir das Hauptargument für die Existenz Gottes.

Damit wäre Darwin im heutigen Meinungs-Mainstream als verkappter „Kreationist“ zu identifizieren, zumindest aber als eindeutiger Anhänger des „Intelligent Design“! Darwin selbst wusste noch von der Unmöglichkeit, dass Weltall und Menschen zufällig entstanden sind – womit er sich gegen Auffassungen des heutigen Vulgär- / Neo-Darwinismus stellte, der mit doktrinärer Verbissenheit darauf beharrt, dass alle Natur und jedes Naturgesetz ohne Grund und aus Nichts, irgendwie von selbst entstanden seien.

Zurück zur Universitas?

Es ist schwer zu erklären, jedenfalls nicht aus der Wissenschaft selbst zwingend abzuleiten, dass so viele Nachfolger der großen Naturwissenschaftler des 20. Jahrhunderts so viel weniger differenziert zu urteilen scheinen. Vielleicht haben sie auch einfach das Interesse an den über ihre Fachdisziplinen hinausführenden Fragen verloren. Die Universität als Ort der Begegnung und des Austausches aller Wissens-Disziplinen („Universitas Scientiarum“) wird leider vielfach zur hochspezialisierten Technikschule, in deren anwendungsbezogenen Curriculum wenig  Platz ist für die großen Menschheitsfragen.  

Dabei gibt es spannende Antworten auf die Frage nach dem Verhältnis von Glaube und Wissen: Dass beide nicht nur gut zusammen passen, sondern sogar aufeinander angewiesen sind, hat Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. immer wieder beschrieben; es ist fast so etwas wie ein roter Faden in seinem Lebenswerk. Eine lohnende Lektüre für das Studium universale.