Was geschieht da?

Die Nägel sind lang und grob geschmiedet, werden durch die Füße und die Handwurzeln geschlagen. Die Schmerzen sind furchtbar und werden wegen des nicht nachlassenden Druck auf die Wunden immer schlimmer. Der Todeskampf kann sich über viele Stunden hinziehen. Mehr muss man eigentlich nicht wissen über den Tod am Kreuz.

Warum geschieht das?

Ein harmloser Prediger, der für alles Verständnis hat und alles billigt, gerät irgendwie dennoch unter die Räder und wird dann so hingerichtet? Wohl kaum (14). Ein gescheiterter Revolutionär, der zwar nie eine Revolution ausgerufen hat, wird doch irgendwie missverstanden und schafft es nicht, sich da heraus zu winden? Sicher nicht.

Beides entspricht modischen, kurzschlüssigen Vorstellungen davon, wer dieser Jesus gewesen ist; das hat nicht einmal entfernte Ähnlichkeit mit dem im Neuen Testament beschriebenen Geschehen. Oder doch ein Menschenopfer, das ein unheimlicher Richtergott verlangt, um seine beleidigte Ehre wiederherzustellen? Das widerspricht nun total dem Gottesbild der Bibel, des Alten und Neuen Testaments.

Die Antwort geht über unsere üblichen Begriffe von Logik oder Recht hinaus. Gott wurde Mensch und litt als Mensch. Also kein Menschenopfer, sondern ein Opfer, das der Mensch gewordenen Gott selbst bringt. Da verstummt auch der Ingrimm der Frage nach dem „warum“ – warum es Leiden überhaupt gibt. Die Frage wird nicht beantwortet, verliert aber ihre Relevanz (15). Nur zum Vergleich: Warum opfert sich eine Mutter für ihr Kind? Sie hätte es ja gar nicht zur Welt bringen müssen, dann wäre ihr das erspart geblieben… Was bleibt ist eine wahrhaft göttliche Liebe, die den Tod und das Böse überwindet. Deshalb ist ein Kruzifix immer ein Zeichen der Hoffnung.

zu den einzelnen Kreuzwegstationen


14) Vgl. Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.: Jesus von Nazareth. Erster Teil. Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung. Freiburg/Basel/Wien 2006. S. 10 f.

15) Ohne die letzte Antwort, die wir vor dem Jüngsten Tag nicht erhalten werden, abwarten zu müssen, erkennen wir plötzlich – und in der gesamten Religionsgeschichte zum ersten und einzigen Mal – dass Gott das Leiden nicht will, dass er sogar mit-leidet. Und alles für uns!