Warum es nicht so schlimm ist, in der Schule schlecht zu sein

1924

Heidemarie Brosche

Goldmann – 3. Auflage 2013

Die Schule spielt im Leben der meisten Menschen eine große, und nicht selten eine zu große Rolle, so dass es auch Erwachsenen noch passiert, dass sie nachts schweißgebadet aus einem schulischen Alptraum aufwachen. Filme, die Schulsituationen parodieren, wie die „Feuerzangenbowle“ haben Kultstatus erreicht. Auch der Erfolg von Harry Potter ist schwer vorstellbar ohne die besondere Schulsituation der Protagonisten. Und jetzt ein Buch darüber, dass Schule doch nicht so wichtig ist?

Den Eltern Mut machen

Die Autorin Heidemarie Brosche, Mutter dreier Kinder und selbst Lehrerin und erfolgreiche Kinderbuchautorin, wendet sich mit ihrem Buch an all die Eltern und Kinder, die unter der Schule leiden, deren Zusammenleben in der Familie über Jahre vom schulischen Erfolg oder Misserfolg bestimmt wird, deren Persönlichkeit eingeengt und in ungute Bahnen gelenkt wird. In sieben großen Kapiteln wird der schulische Erfolg relativiert, werden Eltern ermuntert, ihr Kind nicht nur daran zu messen, wie gut es in der Schule ist, werden viele praktische Beispiele von Schulversagern gebracht, die im Leben und Beruf glänzend zurechtgekommen sind. Zwischendurch werden immer wieder hilfreiche Gedanken für Eltern eingestreut.

Wie ein roter Faden zieht sich die Aufforderung durch das Buch, jedes Kind als einzelnes, besonderes, mit guten und nicht so guten Eigenschaften, vor allem aber nicht nur als Schüler zu sehen.

Schule ist nicht alles

Die Autorin geht den Gründen nach, warum es für Eltern so schlimm ist, wenn ihre Kinder in der Schule versagen; sie legt dar, wie verschieden die Gründe bei den einzelnen Kindern sein können, wenn sie zeitweilig oder überhaupt mit der Schule nicht zurecht kommen, wobei sie ein eigenes Kapitel den „schwierigen Jungen“ widmet. Sie richtet aber auch den Blick auf die Schule und stellt die Sinnhaftigkeit vieler schulischer Abläufe in Frage, ohne allerdings alternative Lösungen aufzeigen zu können. Vor allem aber kommt sie immer wieder auf die Eltern, die wichtigsten Bezugspersonen für die Kinder, zurück, um sie zu warnen, die Schule alles beherrschen und den Blick auf ihre Kinder verstellen zu lassen.

Inwieweit für den einzelnen die Beispiele des Schulversagens berühmter Männer und Frauen hilfreich sind, inwieweit sich die eingestreuten autobiographischen Berichte von Menschen, die mit der Schule nicht, mit dem Leben aber doch zurecht kamen, auf die eigene Situation übertragen lassen, kann nur der einzelne entscheiden.

Ratschläge zwischen Fordern und Gewährenlassen

Das Buch stellt sicher eine Gradwanderung dar zwischen den Zwängen, in unserer leistungsorientierten Gesellschaft das schulische Eintrittsbillett für ein gelingendes Leben zu erlangen, und dem berechtigten Anliegen, einen Menschen nicht alleine nach seinem Schulerfolg zu beurteilen. Die vielen anderen aufgezeigten Wege, erfolgreich im Leben zu sein, kann zumindest zeitweilig entlastend auf Eltern wirken.

Es muss als besonders wohltuend hervorgehoben werden, dass die Autorin nicht mit 08/15-Lösungen und Patentrezepten für jede Lebenslage aufwartet, sondern dass sie ihre Ratschläge unautoritär, nicht besserwisserisch, eher behutsam und angemessen auf die jeweilige Situation erteilt. Das Buch endet mit einigen z.T. selbstverständlichen Hinweisen, die meist dem gesunden Menschenverstand entspringen, und die vor allem, wie das meiste in diesem Buch, als Hilfen für die Eltern gedacht sind.

Interview mit Heidemarie Brosche

Die Quintessenz

So lautet ihr letztes Unterkapitel, in dem sie noch einmal ihre drei einfachen Grundprinzipien zusammenfassend nennt:

  • Jedes Kind ist anders
  • Schulisches Versagen hat vielerlei Ursachen
  • Wenn sich die Sache zum Besseren wenden soll, müssen 1. und 2. stets im Auge behalten werden.

Und so seien zum Schluss einige der Ratschläge der Autorin für verzweifelte oder doch stark „angeschlagene“ Eltern angeführt, die zugleich eine gewisse Zusammenfassung dieses besonders für Eltern lesenswerten und hilfreichen Buches darstellen:

  • Bemühen Sie sich, Ihr Kind zu sehen!
  • Bemühen Sie sich, es als Ganzes zu sehen und nicht nur als Schüler!
  • Legen Sie das Hauptaugenmerk darauf, dieses Kind zu stärken!
  • Bemühen Sie sich nach Kräften darum, es nicht zusätzlich zum schulischen Misserfolg zu schwächen, indem Sie Schreckensszenarien bezüglich seiner Zukunft entwerfen!
  • Versuchen Sie, auf Reaktionen wie Schimpfen und Strafen zu verzichten!
  • Bemühen Sie sich, soweit möglich, mit den Lehrern gemeinsam das Beste für Ihr Kind zu erreichen!
  • Scheuen Sie sich nicht, auch mal hart und konsequent zu sein!
  • Zeigen Sie Ihrem Kind seine Grenzen auf, aber machen Sie es nicht klein!
  • Das Allerwichtigste: Bleiben Sie Ihrem Kind nahe, egal wie heftig das schulische Versagen ausfällt.“