In der Verhaltenstherapie sprechen wir häufig über Verhaltensimpulse, die wie Zentrifugalkräfte in der Physik wirken. Fährt man mit dem Fahrrad bergab, bemerkt man, dass diese Kräfte zunehmen, was das Treten der Pedale sehr erleichtert, wodurch jedoch die Geschwindigkeit sich noch mehr vergrößert. Das resultierende Problem ist allerdings, dass die Kontrolle über die Bremsen immer schwieriger wird… Es ist das Phänomen, was wir auch im sog. „circulus vitiosus“, demTeufelskreis finden: anfangs scheint alles beherrschbar, doch mit zunehmender Geschwindigkeit wird die Kontrolle und damit die Freiheit eingeschränkt. Dieser Prozess steht im Mittelpunkt aller emotionalen und süchtig machenden Erkrankungen.

Positiver – negativer Kreislauf

Im Gegensatz zum „circulus vitiosus“, demTeufelskreis, steht der „circulus virtuosus“, der Tugendkreis. Zu dessen Verständnis kann man sich vorstellen, dass man z.B. eine Sportart, ein Instrument oder ein Hobby liebt. Wer nach den ersten, ungelenken Anfängen mit Fleiß weiter übt, dem fällt es immer leichter, sich darin zu vervollkommnen und im Streben nach immer besserer Beherrschung Freude und Erfüllung zu gewinnen. So funktioniert ein „circulus virtuosus“ ein positiver Kreislauf. Wirkliche Erfüllung im Leben findet man nur im „circulus virtuosus“. Ein Teufelskreis bietet eine trügerische Erfüllung.

Unsere Willenskraft kann in solchen Teufels- oder Tugendkreisen zunehmen. Wenn ich mich an die Zeit erinnere, als ich Arzt werden wollte, so war meine Haltung zunächst wenig ausgeprägt und wankelmütig; als ich dann in meinen Studien Fortschritte machte, wuchs mein Interesse und meine Fähigkeiten nahmen zu, sodass ich immer mehr Spaß an meinem Beruf fand. Heute kann ich sagen, dass es nichts gibt, was ich lieber täte. Der positive Verlauf meines Berufsweges hat meine Willenskraft gestärkt und dazu geführt, mich der Medizin ganz zu widmen.

Der Teufelskreis

In einem Teufelskreis läuft es genau anders herum: wie bei dem Menschen, der mit dem Fahrrad bergab fährt, scheint die Anstrengung geringer -er braucht ja kaum zu treten- doch seine Fähigkeit, abzubremsen, oder die Richtung zu ändern wird mit zunehmender Geschwindigkeit immer schwieriger. Seine Entscheidung, bergab zu fahren verstärkt sich immer mehr; doch wird er Sklave des Prozesses und muss schließlich verzweifeln. Er hat die Freiheit, selbst zu entscheiden, verloren.

Der Sinn von Moral, Geboten und Regeln ist der, uns vor Teufelskreisen zu schützen; sie sagen uns, wo es nicht geboten ist, in die Pedale zu treten, denn wenn wir uns einmal dazu entschieden haben, mag es zu spät sein und in einem Crash enden. Doch um sich moralisch zu verhalten, reicht es nicht, ein paar Regeln zu befolgen: wir müssen die Tugenden anstreben, die die Gebote vorgeben. „Du sollst kein falsches Zeugnis geben“ bedeutet, dass Lügen falsch ist; doch ein aufrichtiger Mensch fürchtet nicht einfach, dieses Gebot zu übertreten; er lernt vielmehr die Wahrheit zu lieben. Das mag anfangs schwer fallen, doch nach und nach ist es ihm nicht mehr peinlich, ehrlich mit seinen Mitmenschen zu sein, ohne deren Gefühle zu verletzen und die Aufrichtigkeit wird ihm zur zweiten Natur. Wenn wir eine Tugend praktizieren, fällt sie uns immer leichter und bereichert uns. So entsteht dann ein „Tugendkreis“.

Der Triumph der Liebe

Wenn es um das Sexualverhalten geht, können uns Glaube und Vernunft klare Regeln liefern, doch, noch einmal, Regeln alleine reichen nicht. Nur wenn man wirklich die Reinheit liebt, kann man ernsthaft danach streben, auch wenn es schwer ist, besonders zu Anfang. Reinheit ist eine Tugend, die leuchtet, besonders von den Augen her. Sie ist ein Licht für die Seele und gibt dem Körper das Gefühl, unbeschwert zu sein, d. h. nicht vom Fleisch heruntergezogen zu werden. Auf der natürlichen Ebene stärkt die Reinheit den Verstand, unsere Intelligenz verbessert sich, Ideen werden schneller und klarer erfasst; wir sind stärker konzentriert und motiviert und sind in der Lage, andere ohne Selbstsucht zu lieben.

Auf der übernatürlichen Ebene bewirkt die Reinheit, dass unsere Körper Tempel des hl. Geistes werden; Gott wird zum Zentrum all unserer Liebe und das macht es leicht, ein Vergnügen abzulehnen, das uns dazu bringen könnte, NEIN zu Gott zu sagen. Ob wir die natürliche, oder die übernatürliche Ebene betrachten: Reinheit ist immer Triumph der Liebe in unserem Leben.

Was bedeutet Reinheit?

Für Familien macht die Reinheit des Vaters ihre Stärke und Stabilität aus. Sie ist der Schlüssel für Freude und Zufriedenheit in der Beziehung zu seiner Frau. Reinheit erhöht seine Fähigkeit, Freude am Leben zu finden: sei es in seinem Verhältnis zu Gott, als liebender Gatte und Vater, als guter Freund, als guter Versorger der eigenen Familie, usw. Alle diese Dinge sind Quellen der Freude und sie sind in erster Linie spirituelle Freuden. Reinheit sichert ihnen den ersten Platz. Spaß am Essen zählt weniger; wäre es anders, würde man den Menschen einen Schlemmer nennen. Stünde Sex auf dem ersten Platz, wäre dies ein Indiz für Unreinheit.

Reinheit erhebt den Sex zu wahrer Liebe und Zuneigung für die eigene Frau; es geht nicht zuerst darum, selbst sexuelle Befriedigung zu erlangen. Sex wird so zu einem Akt inniger Gattenliebe. Wenn beide Gatten sexuelle Intimität als Weg sehen, den anderen innigst zu lieben, wird ihre Einheit immer wieder erneuert und gestärkt.

Wenn sie diese auch als Weg sehen, Gott zu lieben, werden sie das neue Leben annehmen, das der Schöpfer durch sie werden lässt. Die Liebe zum Gatten verhindert, dass Sex an sich ein Ziel wird; wenn dies gelebt wird, bleiben Männer glücklich und zufrieden – auch mit ihrem Sexualleben.

Sexualität ist wunderbar, gesund und heilig, wenn sie im rechtmäßigen Umfeld gelebt wird. Unreinheit macht all dies zunichte. Suche nach Lust macht Befriedigung zum Hauptziel beim Sex, erhebt ihn zum eigenständigen Ziel, das den ersten Platz im Herzen vor Gott, der Gattin und der Familie einnimmt. Wenn das Herz eines Mannes von der Suche nach Lust eingenommen ist, ist in seiner Familie nichts mehr stabil: niemand kann sicher sein, welche Prinzipien er zugunsten sexueller Befriedigung aufzugeben bereit ist. So destabilisiert die Unreinheit des Vaters die ganze Familie.

Sexuelle Anziehung, wissenschaftlich betrachtet

Ohne dauernde Bindung und echte Liebe zum Gatten übernehmen die animalischen Instinkte die Führung beim Sex. Die Bindung an eine Person wird durch den oberen Cortex unseres Gehirns, der Antrieb zu sexueller Betätigung durch den unteren Cortex gesteuert. Die Frage ist nun, ob der Wille zum Sex vom oberen oder vom unteren Hirn bestimmt wird. Im oberen Cortex geschehen rationale Überlegungen, freier Wille, abstraktes Denken, moralische Erwägungen. Im unteren Cortex werden dagegen Impulse, Emotionen, Erinnerungen und Gefühle verarbeitet. Diese sind weder rational noch willentlich beeinflusst, sie stellen eher eine sinnfreie Grundstimmung her.

Eine der Hauptaufgaben des unteren Cortex ist die sexuelle Reproduktion. Sexuelle Stimuli erzeugen in diesem Bereich hohe Aktivität und Sex wird zum wichtigsten Aktivator dieses natürlichen Belohnungssystems. Für Tiere hat die Reproduktion eine wesentlich höhere Priorität als Fressen, Trinken, Unterschlupf, ja selbst die Verteidigung des eigenen Lebens. Es ist im Tierreich durchaus üblich, dass ein stärkeres Männchen um der Fortpflanzung willen seinen Rivalen tötet. Der untere Hirn-Cortex priorisiert die Reproduktion.

Coolidge effect

Wissenschaftler stellten fest, dass eine männliche Ratte, die mit einem empfängnisbereiten Weibchen zusammengebracht wird, sofort kopuliert, doch danach wird sie dasselbe Weibchen nicht mehr besteigen, selbst wenn es noch empfängnisbereit ist. Das Rattenmännchen hat kein sexuelles Interesse mehr an seiner Partnerin. Wird dagegen die Ex-Partnerin sofort nach der Paarung gegen ein weiteres empfängnisbereites Weibchen getauscht, paart es sich sofort mit diesem. Dieser Versuch kann mit weiteren Weibchen fortgesetzt werden, bis das Männchen vor Erschöpfung aufgeben muss. Dieser sog. „Coolidge effect“ wurde bei allen untersuchten Tieren nachgewiesen.

Junge Paare, die noch unerfahren im Umgang miteinander sind, spüren Verlangen zueinander durch die Wirkung des unteren Cortex. Dort werden die starken Emotionen und Impulse produziert. Wenn das Paar heranreift, muss die Zuneigung mehr durch den oberen Cortex gesteuert werden, der die hohen Ideale von Bindung und gegenseitiger Fürsorge steuert.

Hier geht es um eine wahrere und höhere Form der Liebe, der Nächstenliebe nämlich, um das sexuelle Interesse reifer Erwachsener aneinander zu verstetigen. Wenn ein Mensch wenig Aktivitäten seines oberen Cortex wahrnimmt oder er keine Ideale hat, die Beziehung dauerhaft zu gestalten, wird es ihm langweilig und er schaut sich anderweitig nach einer neuen Beziehung um. Der „Coolidge effect“ lässt sich also auch beim Menschen nachweisen.

Nochmal Cortex

Dies erklärt, warum Männer Pornographie konsumieren. Die Macht der Pornographie liegt darin, dass sie unmittelbar den unteren Cortex stimuliert. Ein Problem dieser Hirnregion ist dabei, dass sie keine Unterscheidung zwischen Bildern und Realitäten ausmachen kann. Pornographie bietet dem Mann eine unbegrenzte Zahl scheinbar williger Frauen und mit jedem neuen Click wird ihm eine neue „Partnerin“ vorgespielt, was seinen Sexualtrieb aufs Neue anstachelt. Er handelt wie ein Meerschweinchen.

Das führt dazu, dass der untere Cortex dazu beiträgt, dem Sex mit der Ehefrau den Porno-Konsum vorzuziehen. Stellen Sie sich einmal den Unterschied zwischen einem Schachspiel und dem neuesten Videogame vor. Obwohl Schach ein physisches Spiel ist, kann es nicht mit der Intensität der Bilder eines Videogames konkurrieren. Das Hirn präferiert das Videogame und so auch Pornographie. Der Grund hierfür liegt in der chemischen Substanz DOPAMIN. (Wird fortgesetzt)