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In der dritten Folge der Serie über die unterschiedlichen Entwicklungswege von Jungen und Mädchen steht die Rolle des Vaters im Mittelpunkt. Ohne die Anwesenheit des Vaters kann es besonders bei Jungen zu starken Störungen in der seelischen Entwicklung kommen.
Der vollständige Text ist auch als Heft 60 der Gelben Reihe erhältlich. Die Untertitel sind von der Redaktion hinzugefügt.
Die bedeutsame Rolle des Vaters in der Entwicklung der Jungen
Die Identifikation mit einem Vater oder einer anderweitigen männlichen Bezugsperson, die sich mit dem Kind beschäftigt und es in seinem So-Sein bestätigt, ist deshalb für die Entwicklung der inneren seelischen Stabilität des Jungen von höchstem Wert. Zwar erlebt der kleine Sohn den Vater in seiner vom Vor-Eros getönten Liebe zur Mutter als einen mächtigen Konkurrenten (1), aber er bedarf dennoch des Vaters dringend als eine ihn bestätigende Identifikationsfigur, um sich mehr seiner selbst gewiss zu werden und nicht in Extreme zu fallen: Entweder in die Entwicklung zum simplen Haudegen, oder – bei einer mächtigen Mutter – einer infantilen Verweiblichung zu erliegen.
Deshalb ist es ein erheblicher Vorteil für Kinder in unserer Gesellschaft, wenn sie Väter haben, die die Familie zusammenhalten und sich in ihrer Freizeit mit ihren Söhnen manngemäß beschäftigen. Es bedeutet hingegen eine allgemeine Minderung der seelischen Stabilität des Mannes, dass das vielen kleinen Jungen in unserer Gesellschaft nicht mehr hinreichend zuteil wird.
Die häufige Abwesenheit der Väter, ihr Fortgehen durch Scheidung, das Von-Frauen-allein-erzogen-Werden hat bei vielen Buben einen Ausfall an Entwicklungsstimulanz zu männlicher Ausreifung zur Folge. Theoretisch kann das im Vorschulalter ein beweglicher Großvater oder – nach der Scheidung und dem Fortgehen des Vaters – ein neuer Partner der Mutter ersetzen; aber in der Praxis zeigt sich leider allzu häufig, dass die kleinen Söhne gegen den „Lover“ der Mutter mehr oder weniger heimliche Vorbehalte haben und behalten, die die Identifikation mit dem Ersatzvater erschweren.
Im Gegensatz zu den Mädchen pflegen aber die wenigsten Jungen ihre Konflikte zu reflektieren. Das Unbehagen wird, um seelisch zu überleben, stärker verdrängt, was allmählich eine Minderung der Gefühlsoffenheit zur Folge hat.
Anmerkungen
Vgl. S. Freud, Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie, Studienausgabe Band V, Frankfurt 1982