Ich biete jungen Männern ein Seminar mit dem Titel „Echtheit“ an, das der Frage nachgeht: „Was macht eigentlich einen echten Mann aus?“ Ich möchte deshalb hier einige Schlüsselbegriffe meines Seminars erläutern, insbesondere die vier Lektionen, die wir jungen Männern nahebringen sollten.

Lektion 1: Du brauchst einen Moralcodex

Gute Männer sind die, die Prinzipien haben.

Sie leben nach selbstgewählten Grundsätzen und streben danach, gut zu leben. Dies macht sie zu redlichen Männern, Männer, deren Ruf dem Streben nach hoher Moral und Wahrhaftigkeit geschuldet ist.

Ein Moralcodex ist der Anker, der uns hält, wenn der Aktienkurs im Keller ist, also dann, wenn wir es besonders nötig haben. Jeder kann natürlich ein sehr moralischer Mensch sein, wenn die Dinge gut laufen, aber das Richtige zu tun, wenn sich alles gegen einen zu wenden scheint, oder wenn es leichter fallen mag, sich selbstsüchtig aus der Verantwortung zu stehlen, dann ist eine Richtschnur besonders notwendig.

Hiermit meine ich klare Grundsätze, die belastbar sind, Prinzipien, die auf Tugenden aufbauen, etwa: Ich will ein Mann sein, der Frauen respektvoll und fürsorglich behandelt; ich will Schwachen und Verletzlichen in meiner Gemeinde mit Mitgefühl begegnen; ich will ehrlich bei meinen Geschäften sein, etc.

Wer nach solchen Grundsätzen lebt, wird sich nicht durchs Leben winden. Man kann nicht gleichzeitig ehrenhaft und ein Lügner sein, oder ein kluger Mensch, der handelt, ohne vorher zu überlegen. Bei den Tugenden gibt es nur ein ganz, oder gar nicht, und das ist genau die Herausforderung für die Männer geschaffen sind.

Eine der Aufgaben, die ich Schülern gebe, ist die, einen eigenen Moralcodex aufzuschreiben, den sie dann mit nach Hause nehmen und so anbringen, dass sie ihn immer sehen können. Ich ermutige sie, jeden Morgen darauf zu schauen und sich daran zu erinnern, was sie sich vorgenommen haben und noch einmal abends, als letzte Amtshandlung, an Hand der Liste zu prüfen, was gut lief und was weniger gut. Wenn es Bereiche gab, die nicht gut liefen, sollen sie, so meine Empfehlung, diese am nächsten Tag zum besonderen Kampfpunkt machen.

Nach einem sogenannten Vater & Sohn Frühstück, bei dem ich sprach, kam ein Vater zu mir und sagte, als ich den Begriff Moralcodex erwähnt hätte, habe sein Sohn sich zu ihm gewandt und gefragt, „Paps, was ist eigentlich ein Moralcodex“? Dem Vater schwante in dem Moment, dass er bis dahin nie mit seinem Sohn über Moral und Ethik gesprochen hatte. Ja er hatte nicht einmal darüber nachgedacht, wie wichtig ein Gespräch über dieses Thema sei, bis eben sein Sohn ihm an dem Morgen diese Frage stellte.

Solche Gespräche gehören aber normalerweise nicht zu unserer Kultur. Stattdessen impfen wir junge Männer mit der Idee, dass es nur auf Status, nicht jedoch den Charakter ankommt.

Bei Warten in einer Flughafen-Lounge schaute ich in eines der Magazine, aus dem mir eine zweiseitige Anzeige der letzten Omega-Uhr entgegenblinkte. Sie wurde mir von niemand Geringerem, als Mr. James Bond, alias Daniel Craig höchstpersönlich, angepriesen. Die Anzeige sollte mich also davon überzeugen, dass das Tragen dieser Uhr mir Bedeutung und Status eines der prominentesten Hollywood Stars verleihen würde.

Viele Männer versuchen heute, sich durch Nachahmung mit dem Nimbus Anderer zu dekorieren und vergessen dabei, dass der wichtigste Status, den ein Mann erreichen kann, der ist, als wirklich guter Mann bekannt zu sein.

Manchmal fordere ich eine Gruppe heraus, indem ich die Frage stelle: Was werden die Leute bei deiner Beerdigung sagen? Werden sie sagen: „Er war großzügig, ein guter Vater und ein liebender Ehemann“, oder vielleicht: „Hat jemand schon gesehen, ob es gute Schnittchen gibt?“ Die Antwort darauf hängt davon ab, wie man als Mann gelebt hat und wenn wir eine Richtschnur im Leben hatten, wird niemand bei unserer Beerdigung über die Bewirtung reden, sondern sich vielmehr mit Anekdoten unserer guten Taten erinnern.

Lektion 2: Dienen lernen

Dienst ist für uns Männer wichtig, denn es erlaubt uns, die Gabe männlicher Stärke und Energie nach außen zu richten und zum Nutzen anderer einzusetzen. Das ist das genaue Gegenteil dessen, was Pornografie Männern suggeriert. Diese lehrt uns, unsere Männlichkeit egoistisch zur eigenen Befriedigung und zum Lustgewinn zu gebrauchen. Dabei werden Frauen zu Lustobjekten, die nach Belieben gebraucht und weggeworfen werden.

Eines der größten Übel der Pornografie ist die Reduktion des tiefgründigen Geschenks des Person-Seins auf ein Verbrauchsgut, das für den eigenen, letztlich bedeutungslosen Konsum herhalten muss.

Wenn Männer nicht lernen zu dienen, werden sie unweigerlich Sklaven verschiedenster Verlockungen und überflüssigen Schnickschnacks an denen unsre Welt so reich ist.

Ich las einmal auf einem Motivationsposter: „Willst du für eine Stunde glücklich sein, schau Fernsehen. Willst du für einen Tag glücklich sein, besuch einen Vergnügungspark. Willst du dein Leben lang glücklich sein, hilf anderen Menschen“. Ich habe nie ein wahreres Wort auf einem Stück Pappe gelesen.

Der Refrain eines klassischen Bob Dylan Song lautet:

You’re gonna have to serve somebody,
yes indeed
You’re gonna have to serve somebody,
It may be the devil or it may be the Lord
But you’re gonna have to serve somebody.

Irgendeinem musst du immer dienen, jawohl,
immer musst du einem dienen,
Entweder dem Teufel oder Gott,
aber du musst immer jemandem dienen

Es ist traurig zu sehen, dass vielen Männern in unserer Gesellschaft nicht klar ist, dass wirklicher Friede und Glück nicht darin liegen, dass man tut, wonach einem gerade der Sinn steht, sondern das, was wirklich gut und schön ist.

Dienst beginnt zu Hause, in unserer Verwandtschaft und im Kreis unserer Bekannten, schließt aber auch die alltäglichen Beziehungen im Umgang mit Kollegen und denen, die uns an der Tankstelle, im Café etc. bedienen, ein.

Männer die ihr Leben als Dienst begreifen, leben extrovertiert, mit bewusstem Blick auf ihre Umgebung, anders als die, die egozentrisch nur ihrem eigenen Nutzen nachgehen. Solche Menschen werden leicht zu Sklaven von Dingen, die aus sich heraus keinen Sinn und Zweck bieten. Sie führen ein Leben öden Alleinseins, das nach außen zwar perfekt scheint, dem aber gute menschliche Freundschaften mangeln, weshalb sinntragende Beziehungen zur Welt in der sie leben, fehlen.

Lektion 3: Du musst dein Leben mit Sinn erfüllen und Herausforderungen suchen

Jedermann hat besondere Vorlieben, die sehr wohl seine Richtung im Leben bestimmen können und so sollte sich jeder prüfen, was ihn ganz besonders fesselt und sich dort engagieren. Die Möglichkeiten sind grenzenlos: sportliche Aktivitäten, Modellbahnbau, Lieder texten, Schach, Geschichte, Gärtnern u.v.m., egal was einen interessiert, man kann darin Zeit und Leidenschaft investieren.

Mit viel Glück kann man sogar mit seinem Hobby Geld verdienen, doch trifft dies in den meisten Fällen wohl nicht zu, weshalb das Hobby dann zu einer sinnvollen und erfüllenden Nebenbeschäftigung wird. Seine Leidenschaft zu entdecken und sich ihr ganz zu widmen, ist ein wunderbarer Weg, männliche Energie und Stärke zu kanalisieren, und in ein geeignetes Projekt umzuwidmen. Wir Männer lieben solche Projekte, dürfen jedoch nicht den Fehler machen, unsere persönlichen Beziehungen wie Projekte zu managen, aber das ist eine andere Geschichte.

Ein gutes Männer-Projekt stiftet Sinn und Ausrichtung. Es bietet den Raum, in dem wir unsere Kräfte nutzbringend anwenden können und die Früchte unserer Arbeit sich vor unseren Augen materialisieren. So sehen wir selbst, dass wir in der Welt einen sinnvollen Beitrag leisten und eine Spur hinterlassen, die etwas zählt.

Wenn wir versäumen, jungen Männern Gelegenheit zu geben, sich Herausforderungen zu stellen und darin zu bewähren, werden sie zerstörerische und schlechte Wege finden, der Welt zu zeigen, dass sie ganze Kerle sind.

Sie saufen sich ins Koma, nur um zu beweisen, dass sie mehr Alkohol als ihre Kumpels vertragen. Sie markieren ihre Bettpfosten nach jedem Sex-Kontakt mit einer Kerbe, um ihre besondere „Männlichkeit“ zur Schau zu stellen. Was Männer jedoch brauchen, ist Sinn; wir müssen erfahren, dass unsere Bemühungen einen Wert im Leben haben.

Der Schauspieler Tyler Durden sagt im Film „Fight Club“:

„Ich sehe all die Möglichkeiten und ich sehe die Verschwendung… eine ganze Generation von Männern, als Tankwarte, Kellner, Sklaven mit weißen Kragen… getrieben von Werbung, Autos und Klamotten zu kaufen, in Jobs zu arbeiten, die sie eigentlich hassen, aber sie brauchen das Geld, um Sch… zu kaufen, die sie nicht benötigen.“

Ein anderer sagte: „Wenn Du ein Leben der Oberflächlichkeit lebst, wirst Du von denen kontrolliert, die diese Oberflächlichkeit kontrollieren.“

Wir brauchen das Bewusstsein von Sinnhaftigkeit und wir müssen uns Herausforderungen stellen, um Gelegenheiten zu finden, eine Spur in der Welt zu hinterlassen, ein Erbe, das keinesfalls überflüssig und bedeutungslos ist, sondern vielmehr wahrgenommen wird von Menschen, die sagen: „Das war einfach klasse.“

Lektion 4: Du musst verstehen zu lieben

Unendlich viele unserer heutigen Probleme sind einem Mangel an Liebe geschuldet. Dabei rede ich hier nicht von Pornografie-angereicherter Don Juan Fantasie, oder emotionaler Sentimentalität, wenn ich jungen Leuten sage: „Das komische Gefühl im Magen könnte Liebe sein, kann aber auch von einer Magenverstimmung herrühren.“

Ich rede über authentische Liebe, die Aristoteles so beschrieb: „Suche nach dem Guten im Anderen.“ Unsere heutige Kultur ist selbstbezogen, egoistisch, aber das hat nichts mit wirklicher Liebe zu tun. Denn sie sucht das Gute im Anderen, selbst wenn es schmerzt oder Überwindung kostet.

Der einzige Weg zu wissen, dass Liebe echt, und nicht emotionale Sentimentalität ist, ist der, wenn sie sich in konkreten Handlungen manifestiert, und das ist der Grund, weshalb sie nach außen gerichtet sein muss.

Wenn ich meiner Frau und den Kindern immer wieder versichere, dass ich sie liebe, aber meine ganze Zeit Chips-futternd auf der Couch vor dem Fernseher verbringe, während meine Frau kocht, wäscht, einkauft, die Kinder versorgt und auch noch einen Job ausfüllt, damit wir alle Rechnungen bezahlen können, liebe ich dann wirklich Frau und Kinder?

Alle wissen instinktiv, dass echte Liebe nicht aus schönen Worten und Gefühlen besteht, sie muss sich in konkreten Akten in der realen Welt verwirklichen.

Das Problem ist jedoch, dass wir die jungen Männer an diese Tatsache viel zu selten erinnern.