Der heilige Nikolaus ist einer der bekanntesten und beliebtesten Heiligen überhaupt, so bekannt und beliebt, dass die wahre Gestalt des Bischofs aus dem vierten Jahrhundert hinter einem Übermaß an volkstümlichen Legenden und kommerzieller Instrumentalisierung fast verschwindet.

Nicht nur ein Kinderfeund

Jedes Kind weiß, dass dieser Kirchenmann ein großer Wohltäter war, der sich besonders um notleidende Kinder gekümmert hat[1]. Über seine persönliche, praktische Großzügigkeit hinaus hat er offenbar auch seiner Bischofsstadt Myra in Kleinasien bei der Überwindung einer Hungersnot geholfen, wobei sich Tatkraft im Amt schon mit spirituellen Elementen verbunden haben dürfte[2]. Hinter den Legenden scheint die Gestalt eines außergewöhnlich glaubensstarken und tatkräftigen Mannes auf.

Alleinstellungsmerkmal Caritas

Wie beim heiligen Martin[3] steht die Erinnerung an St. Nikolaus also ganz im Zeichen der tätigen Nächstenliebe, und das sicher zu Recht. Wenn es ein Alleinstellungsmerkmal der frühen Christen gab, dann das ihrer Mitmenschlichkeit und ihres aufopfernden karitativen Denkens und Handelns. In einer eher kalten, von Selbstsucht und Konkurrenzdenken geprägten Gesellschaft, in der Menschen instrumentalisiert und verdinglicht wurden, machte das enormen und bleibenden Eindruck. Das veränderte langsam die römische Gesellschaft zum Besseren, und es ist ja bis heute das typische Erkennungsmerkmal des Christlichen.

Ein Mann des Konzils

Bischof Nikolaus von Myra hat über seine sprichwörtliche christliche Nächstenliebe hinaus aber noch ein zweites herausragendes Merkmal, steht sein Name doch seit jeher auch für Rechtgläubigkeit und Treue zur Verkündigung der Apostel. Nikolaus soll am Konzil von Nikäa[4] teilgenommen und dort – u.a. mit Unterstützung von Papst Silvester I. – an der schriftlichen Fixierung unseres Glaubensbekenntnisses (in Abwehr heterodoxer Verfälschungen) maßgeblich mitgewirkt haben[5].

Es lohnt sich, diesen Aspekt heute wieder mehr in Erinnerung zu rufen, denn viele Verfälschungen und Verwässerungen des christlichen Glaubens in unserer Zeit erinnern geradezu frappierend an die Wirren und Verirrungen zur Zeit des Hl. Nikolaus! Sein Name erinnert uns an Christi Liebesgebot, aber ebenso an seine Warnung vor Irrlehrern und falschen Propheten[6]. Deshalb ist der heilige Nikolaus auch ein guter Fürsprecher für die Treue zu Glauben und Lehre der Kirche.

Für die Einheit der Kirche

Die Wertschätzung und Verehrung dieses großen Heiligen verbreitete sich von seiner kleinasiatischen Heimatregion aus schnell im ganzen oströmischen Reich, spätestens seit dem neunten Jahrhundert aber auch in der Kirche im lateinischen Westen. So steht der viel geliebte Heilige auch für die Einheit der Christenheit und die gemeinsamen apostolischen Grundlagen.

Sankt Nikolaus 2.0 ?

Es mag schwerfallen das alles beim Blick auf „Schokoladen-Nikoläuse“ und kitschige Santa-Claus Travestien nicht zu vergessen. Um so mehr sollten wir die vielen Gelegenheiten nutzen, die sich aus der – jahreszeitlich ungleichmäßigen, aber unübersehbaren – Präsenz des Heiligen ergeben. Sehen wir das Gute daran, die Möglichkeit zur Erinnerung an das Wesentliche, wofür dieser Heilige steht!  Sprechen wir einfach in unserem Alltag darüber, was sich hinter der Gestalt des Nikolaus verbirgt, ohne Aufregung und wohlfeile Konsumschelte, einfach als ungezwungenes Informationsangebot. Es lohnt sich, Sankt Nikolaus einen Neustart in der Gesellschaft zu ermöglichen! Jeder kann daran mitwirken. Nicht nur Kinder werden sich wundern, was dahinter steckt! Und unsere Gesellschaft braucht heute die heilsame Veränderung zum Besseren mindestens so sehr wie die römische zur Zeit des Nikolaus von Myra.

Bild: Nikolaus von Myra (russische Ikone von Aleksa Petrov, 1294)


[1]Die vermutlich älteste Erzählung über seine Zuwendung zu jungen Menschen berichtet davon, dass er drei armen jungen Frauen mit seinem eigenen Geld geholfen habe, so dass sie heiraten konnten. Vgl. RGG Bd. 4, 1489 f.

[2]Er soll einem reichen Getreidehändler im Traum erschienen sein und ihn bewogen haben, seine Getreideschiffe zu der notleidenden Stadt Myra zu lenken (ebd. 1490).  

[3]Vgl. https://erziehungstrends.info/fuer-ein-comeback-der-heiligen

[4]Das erste Konzil von Nikäa, 325 n. Chr.

[5]Sein Name fehlt zwar auf bestimmten Bischofslisten des Konzils ( https://www.kathpedia.de/index.php?title=Nikolaus_von_Myra), aber sein Wirken in Nikäa ist dennoch glaubwürdig bezeugt. Man darf vielleicht den Vergleich mit Josef Ratzingers Wirken als „Peritus“ beim Zweiten Vatikanum zum Vergleich heranziehen.

[6]Vgl. z.B. Mt. 24, 11