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Ich erinnere mich noch lebhaft an eine Unterhaltung mit einer österreichischen Freundin, bei der sie mir von den Erfahrungen ihrer ersten beiden Ehejahre erzählte: „ Als unser erstes Kind geboren wurde – so gestand sie mir –, kam ich mit der Hausarbeit, die sich als notwendig erwies, an kein Ende. Den ganzen Tag tat ich nichts anderes als Putzen, Waschen und Aufräumen. Abends war ich regelmäßig erschöpft und schlecht gelaunt.
Eines Tages dachte ich dann: So kann das nicht weitergehen; ich entwickle mich zu einem Putzteufel und kümmere mich gar nicht um mein Kind. Zuerst kommen die Menschen, dann die Sachen. Also konzentrierte ich mich von da an ganz auf meinen Sohn.
Ich trug ihn auf dem Arm, ich sang ihm Lieder vor und sprach mit ihm. Wir bildeten eine wunderbare Einheit. Aber nach einiger Zeit merkte ich, dass mein Mann nicht zu unserer Symbiose dazugehörte; mein Verhalten musste notwendigerweise zur Folge haben, dass er sich in seinem eigenen Haus wie ein Fremder fühlte, obwohl er sich nie beschwerte. Daraufhin machte ich mir von neuem Gedanken:
Das Kind ist ein Segen Gottes, aber es ist nicht der erste Mensch, der mir anvertraut worden ist. Vor ihm kommt noch mein Mann. Er und ich, wir bilden eine Gemeinschaft der Liebe, von der wir hoffen, dass sie unser ganzes Leben andauern wird. Das Zusammenleben mit den Kindern jedoch hört normalerweise nach einigen Jahrzehnten auf. Wir lieben unsere Kinder sehr, aber schließlich und endlich sind sie doch wie Gäste in unserer Zweiergemeinschaft anzusehen; ganz besonders liebe Gäste allerdings, die wir einladen, an ausgedehnten Zeiträumen unseres Lebens teilzunehmen und denen wir das Beste von uns mitgeben möchten.
So änderte ich noch einmal mein Verhalten und sprach auch mit meinem Mann darüber. Seither ist er meine erste Sorge – und ich die seine. Und so können wir von uns behaupten, dass wir ein glückliches Ehepaar sind, trotz all der Höhen und Tiefen, die das Leben mit sich bringt.
Dank ihrer selbstkritischen Haltung hatte meine Freundin den Schlüssel entdeckt, um ihr Zuhause in eine Quelle des Lebens und des Glücks für alle seine Bewohner zu machen: Sie war der Bedeutung der Liebe zwischen den Ehepartnern, der Notwendigkeit ihrer beständigen Pflege und Weiterentwicklung auf die Spur gekommen.
In der Tat leistet man den Kindern einen schlechten Dienst, wenn man um ihretwillen den Partner auf den zweiten Platz verweist, oder wenn Vater und Mutter aufgrund der ständig steigenden Arbeitsanforderungen und der vielfältigen Beschäftigungen kaum noch Zeit gemeinsam verbringen können oder wollen.
Was die Kinder wirklich brauchen, um sich innerlich ausgeglichen und frei im Leben zurecht zu finden, ist nicht nur die Erfahrung, dass ihre Eltern sie lieben, sondern auch die Sicherheit, dass ihre Eltern sich gegenseitig lieben.
Die Haltung, die meine Freundin von ihrem dritten Ehejahr an einnahm, lässt sich in einem einfachen Satz zusammenfassen:
„Wir haben geheiratet, um uns gegenseitig glücklich zu machen und zusammen die Anderen glücklich zu machen.“