Die Mädchen machen ihre Sache gut, so sagten die Leute, mit Blick auf deren schulische Leistungen, aber die Jungen haben große Probleme. Mit seinen 15 Jahren Erfahrung als praktischer Arzt ist Sax überzeugt, dass diese Meinung falsch ist. Er hat untersucht, was Mädchen in die Krise treibt.  Sicher sind Mädchen oft ehrgeizig und strebsam, doch offenbaren sie dabei vielfach Züge von „Besessenheit“, die in sich ebenso schlecht sind, wie der Rückzug der Jungen in ihr Zimmer bei Baller-Spielen und Porno-Konsum.

Sax stellte in zunehmenden Maße fest, dass die Mädchen, denen er in seiner Praxis begegnete, auf irgendwelche idealistischen Vorstellungen fixiert waren: als Top-Studentin, Super-Sportlerin, Top-Model mit superschlanker Figur etc., bis hin zu dem Punkt, dass ein Nichterreichen dieser Ziele zu schweren existenziellen Krisen oder gar zu psychischen Zusammenbrüchen führte. Seine Erfahrungen hat er in einem Buch mit dem Titel Girls On The Edge (Mädchen am Limit), das sehr schnell zum Bestseller wurde. Leider gibt es keine deutsche Ausgabe des Buches. So haben haben wir eine umfangreiche Rezension erstellt, die die Kernthesen nennt und bespricht.

Vier Auslösefaktoren für Mädchen-Krisen

Auch außerhalb seiner Praxis brachten ihn seine Untersuchungen und Forschungsarbeiten zu der Überzeugung, dass eine stetig wachsende Zahl von Mädchen in einer Cyber-Blase gefangen ist. Wenn sie nicht gerade an ihrem Erscheinungsbild bei einem der sozialen Netzwerke, wie Facebook, Instagram o.ä. feilen, „Whatsappen“ sie nonstop. Das Handy ist Tag und Nacht eingeschaltet, um nur ja keine – ach so wichtige – Nachricht wie: „OMG (oh my God), ich dachte immer, Du seiest Stefans Freundin, aber ich fand gerade heraus, dass….“ zu verpassen und unmittelbar antworten zu können. Natürlich braucht man dann auf dem Weg zur Schule einen doppelten Espresso, um einigermaßen wach zu bleiben.

Gravierender, und in gewisser Weise trendverstärkend, erweist sich auch die umfassende Sexualisierung junger Mädchen, die in den letzten Jahren noch mehr Dynamik gewinnt. Sie ist eigentlicher Auslöser der Identitätskrise. Wenn bereits Mädchen im vorpubertären Alter so aufreizend angezogen sind, als hätten sie „sexuell etwas zu bieten“, wird sexueller Verbiegung Tür und Tor geöffnet.

Und schließlich gibt es noch etwas, das Dr. Sax als Arzt große Sorgen macht, jedoch öffentlich kaum wahrgenommen wird: Umweltgifte (z.B. aus Plastikverpackungen von Lebensmitteln) tragen nach neuesten Erkenntnissen zu früh einsetzender Pubertät bei, die die Phase der Kindheit verkürzt und gerade Mädchen den Risiken von Depressionen, Essstörungen und u. U. Straffälligkeit aussetzen, und nebenbei, auf lange Sicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ebenso wie Brustkrebs begünstigen.

In seinem Buch „Girls on the edge“ (Mädchen am Limit) legt er dar, wie Sexuelle Identität, das sich Austoben im Cyberspace, Obsessionen und Umweltgifte schwere Krisen heranwachsender Mädchen begünstigen. Das Buch hätte auch den Titel: „Mädchen an der Oberfläche“ tragen können, denn es ist oberflächlich, wenn Mädchen nur darum besorgt sind, wie (gut) sie aussehen, was sie leisten, was sie tun – und nicht, was sie SIND.

Die unbestreitbare Bedeutung des Geschlechts

Im Buch nimmt die Situationsbeschreibung etwa die Hälfte ein, die andere Hälfte bietet Lösungen an, die alle auf einen Punkt hinauslaufen: die Wertschätzung des eigenen Geschlechts, eines der wichtigsten Themen unserer Gesellschaft.

Das Problem heute ist die immer aggressivere Agitation einer Gender-Lobby, die anthropologischen Wirklichkeiten – dass Menschen Mann oder Frau sind – in Frage stellen. 

In seinem Buch Why Gender Matters, (Warum das Geschlecht eine Rolle spielt) zeigt Sax auf, dass die stabilsten Kulturen, von denen wir Kenntnis haben, den Prozess des Übergangs in ein geschlechtsbewusstes Erwachsenendasein immer sehr ernst genommen haben. 

Heute dagegen – so der Autor – würde dieser existentielle Prozess größtenteils ignoriert. Amerikanische Eltern sprächen selten mit ihren Kindern, wenn überhaupt, über die Bedeutung des Frau-Seins, oder des Mann-Seins (im Gegensatz zum unspezifischen „Erwachsen-Sein“). Die meisten Eltern wüssten einfach nichts dazu zu sagen. 

Dennoch möchten Mädchen wissen, was es bedeutet, eine Frau zu sein. Ebenso möchten Jungen wissen, was es bedeutet, ein Mann zu sein. Man bleibe den Heranwachsenden die Antwort schuldig. Und so fülle der Markt und die Gender-Lobby das Vakuum, was dazu führe, die jungen Leute zu verunsichern und ihre auf den biologischen Vorgaben beruhende Identität nicht zur Entfaltung zu bringen.

Auf einer Podiumsdiskussion in Australien sagte Sax: „Im Verlauf der letzten 22 Jahre als Arzt hatte ich oft mit Kindern zu tun, die Probleme mit ihrer Identität als Mädchen oder Junge hatten, und weder Eltern noch Berater hatten die leiseste Idee, wie wichtig dies für ihr Kind ist, deshalb habe ich begonnen, darüber zu schreiben.“

Doch gab es auch ein sehr persönliches Motiv, Girls On The Edge zu schreiben. Dr. Sax zog einige Fotos aus der Tasche und sprach voller Stolz über seine vierjährige Tochter Sarah. 

„Ich hätte mich nie entschlossen, dieses Buch zu schreiben, wenn es Sarah nicht gäbe. Sie ist unser einziges Kind, nachdem unsere Ehe über 15 Jahre kinderlos blieb.“ Sarah gab Dr. Sax einen Anstoß über die Bedürfnisse von Mädchen nachzudenken und die Schlüssel zu einer erfolgreichen Erziehung von Töchtern zu finden. Er behandelt diese Kernfaktoren in seinem Buch in den Kapiteln: Verstand, Körper und Geist.

Klare Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen

Das Kapitel „Verstand“ befasst sich ausführlich mit der Ausbildung von Mädchen und den Vorteilen getrennt geschlechtlicher Erziehung, speziell auch im Hinblick auf Fächer, die Mädchen vielleicht weniger liegen, wie z. B. Physik, die oft sehr gut von erfahrenen Lehrerinnen vermittelt werden können. 

Sax unterstreicht die Bedeutung dessen, dass Mädchen am Beispiel gefestigter erwachsener Frauen „lernen“, was Frau-Sein bedeutet, was viel schwieriger im ablenkungsreichen Umfeld einer koedukativen Schule möglich ist. (Sax hat in den vergangenen 10 Jahren mehr als 300 Schulen in USA, Kanada, Australien, Neuseeland und England besucht und Workshops für Lehrer und Eltern gehalten.)

Die Vorteile getrennt geschlechtlicher Erziehung treten auch bei Sport und Leichtathletik zu Tage, die im Kapitel „Körper“ behandelt werden. So sind die Körper von Jungen und Mädchen unabhängig von der sexuellen Ausprägung auch unterschiedlich leistungsfähig, was Berücksichtigung finden muss. Im Gegensatz zu einer oft artikulierten, oberflächlichen Meinung hat getrennter Sportunterricht einen leistungsfördernden Effekt, während gemeinsamer Sportunterricht bei Jungen und Mädchen zu Einengung und Homogenisierung führt.

Besonders interessant sind jedoch seine Ausführungen über „Geist“, die manchen Missionaren des Säkularismus sauer aufstoßen. Selbst manche Eltern fühlen sich unwohl, wenn Sax ihnen sagt, dass der Kern der Identität ihrer Tochter in der spirituellen Erfüllung liegt. Da Eltern den größten Einfluss auf die spirituelle Entwicklung ihrer Kinder haben, ermutigt er sie, die vielleicht negativen Erfahrungen ihrer eigenen Jugend hintanzustellen und sich für die Fragen spiritueller Natur zu interessieren, die im Verlauf der Pubertät aufkommen.

„Spiritualität“

Er schreibt dazu: Wenn Eltern die aufkeimende Spiritualität ihrer Tochter nicht fördern, kann sie verloren gehen. Wenn dies geschieht, besteht die Gefahr, dass dieses Mädchen – wie so viele – Spiritualität durch Sexualität substituiert. Für Teenager und junge Erwachsene liegen Spiritualität und Sexualität emotional oft eng beieinander. 

Manche Mädchen sehnen sich nach Erfüllung ihrer Sehnsüchte in einer romantischen oder sexuellen Beziehung. Sie werden enttäuscht, weil kein junger Mann und keine junge Frau die Nische im Herzen ausfüllen kann, die dem tiefsten Sinn des Lebens vorbehalten ist. Doch das wissen diese Mädchen nicht. Im Rausch der eben erwachten Sexualität stürzen sie sich kopfüber in eine romantische Affäre. Die Hörigkeit in der Beziehung kann soweit gehen, dass dem Partner eine nahezu „göttliche“ Autorität eingeräumt wird, mit oft schrecklichen Folgen.

Der Schutzeffekt einer religiösen Bindung Heranwachsender wurde vielfach erforscht und dokumentiert. Sax zitiert eine Studie mit 3000 amerikanischen Teenagern, die belegt, dass nur 3% der religiös gebundenen Jugendlichen der Meinung sind, sexuelle Betätigung sei dann in Ordnung, wenn man „emotional dazu bereit sei“. Diese Meinung teilen 56% nicht religiös gebundener Teenager. Unter den religiös gebundenen sind auch deutlich weniger Raucher, weniger Trinker und weniger Mädchen, die mit ihrem Körper unzufrieden sind, wohl eines der größten Problem vieler junger Frauen.

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