Gegrüßet seist Du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit Dir! Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht Deines Leibes, Jesus, der Dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat.

Die Krönung Mariens im Himmel ist ein beliebtes Motiv christlicher Ikonographie, für die Menschen früherer Zeiten ganz vertraut und selbstverständlich und in zahlreichen Kirchen zu finden. Wir tun uns heute manchmal schwer mit der fremd gewordenen Symbolik. Dabei geht es hier gar nicht um ein obskures Überbleibsel alten Denkens, sondern einfach um den Ausdruck der höchstmöglichen Ehrung, die wir in unserer Lebenswirklichkeit kennen: Früher war das eben die Krönung. Das ist uns heute noch ganz vertraut und gegenwärtig in unserer Sprache, wo der Ausdruck erhalten ist und von jedem verstanden wird: Wir sprechen von der Krönung einer Laufbahn, der Krönung eines beruflichen oder künstlerischen Erfolges, der Krönung eines Lebenswerkes.

Aber vielleicht fragen wir uns auch: Wozu noch die Krönung? Was wird damit zusätzlich ausgedrückt? Ist die Aufnahme in den Himmel nicht genug? Was Maria zuteil wird, geht aber über menschliches Vorstellungsvermögen hinaus, hebt sie auch heraus aus der Schar aller Heiligen. Was sie auszeichnet ist eine besondere, einzigartige göttliche Gnade[1].

Und diese besondere Gnade ist nichts rein Jenseitiges, oder gar Vergangenes, sondern in unserer Lebenswelt höchst präsent und zugänglich[2]. Maria ist uns ein „Vorbild des Glaubens und der Liebe“[3], nicht nur in Momenten der Andacht, sondern in unserem ganzen täglichen Leben. Maria, ein Mensch, im Himmel gekrönt, von Christus selbst. Könnte es ein schöneres Bild und Vorbild für uns geben? Wir alle sind aufgerufen, uns in unserem alltäglichen Leben zu heiligen. An der Hand Marias wird es uns gelingen.


[1]Marienverehrung muss nicht und sollte auch nicht mehr konfessionstrennend sein. Die Bekräftigung, dass Maria die „Gottesgebärerin“ ist, geht auf apostolische Konzilien zurück. Außerdem beweist ja gerade die Rede von der „Krönung“ Marias, dass sie ihre besondere Gnade von Gott empfangen hat und natürlich nicht selbst „göttlich“ ist oder „angebetet“ wird. In der evangelischen Marienkirche in Stralsund findet sich auf dem spätgotischen Hochaltar eine schöne Darstellung der Krönung Mariens; richtig verstanden kann das heute konfessionsverbindend sein.

[2]Denken wir z.B. an die großen Marienerscheinungen, von Guadalupe über Lourdes bis Altötting.

[3]Katechismus der Katholischen Kirche Nr. 967.