Der abschließende, sog. „glorreiche“ Rosenkranz trägt seinen traditionellen Namen zu Recht: Gottes „Glorie“[1], seine Allmacht und zugleich seine liebende Zuwendung, kommt uns so nahe, wie nie zuvor. Und unsere Antwort auf diese Geheimnisse kann nur Dank und Lobpreis sein.
Gegrüßet seist Du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit Dir! Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht Deines Leibes, Jesus, der von den Toten auferstanden ist.
Das erste Gesätz dieses Rosenkranzes stellt uns eine überwältigende, revolutionäre, alles Frühere bei weitem übertreffende Erfahrung vor Augen: Jesu Auferstehung von den Toten. Das ändert alles; seither ist nichts ist mehr wie es war, die Geschichte der Menschheit und die Geschichte Gottes mit den Menschen ist an einem Wendepunkt[2]. Das ist die Mitte unseres Glaubens. „Nur wenn Jesus auferstanden ist, ist wirklich Neues geschehen, das die Welt und die Situation des Menschen verändert.“ Mit diesen Worten beschrieb es Josef Ratzinger / Papst Benedikt XVI.[3] Die „conditio humana“[4] ist nun für alle Zeiten zum Guten verändert.
Nur aufgrund der Auferstehung Jesu Christi dürfen wir auch selbst auf unsere Auferstehung hoffen. Ohne seine wirkliche Auferstehung[5] wären wir gefangen in einer kontingenten, letztlich hoffnungslosen Welt, in der jeder Trost nur Augenwischerei, letztlich Selbstbetrug bliebe. Denn kein Weiterleben in der Erinnerung, kein „Denken an…“, kein Nachruhm und kein Aufgehen in irgendeinem Strom des Weltgeschehens, auch kein Eingehen ins Nichts kann über das Faktum der Sterblichkeit hinwegtäuschen. Und für uns Christen gilt: Ohne diesen entscheidenden Schlussstein fiele das Gebäude unseres Glaubens als Ganzes in sich zusammen, wie es schon der Apostel Paulus mit Worten beschrieben hat, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen[6].
Die Berichte des Neuen Testaments über die Erscheinungen des Auferstandenen lassen in jeder Zeile das Aufregende, Neuartige, zuvor noch Undenkbare fühlen. Es war erst die Begegnung mit dem auferstandenen Christus, die aus verzagten, enttäuschten Jüngern, die schon dabei waren sich zu zerstreuen und aufzugeben, schlagartig unerschrockene Glaubenszeugen machte. Erst im Lichte dieses Geschehens verstanden sie auch im Rückblick das Wirken und die Worte Jesu in ihrer Gänze. Plötzlich ergab alles Sinn, und die Offenbarung war – buchstäblich – mit Händen zu greifen.
[1]Lat. „Gloria“, altgriechisch κλέος: Ruf, Ruhm, Ehre.
[2]Daher die Rede von der „Endzeit“: Nicht dass das Ende der Welt unmittelbar bevorstehe ist gemeint; vielmehr, dass nunmehr ein ganz neuer, unüberholbar anderer Zustand eingetreten ist.
[3]Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.: Jesus von Nazareth. Zweiter Teil. Vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung. Freiburg, Basel, Wien 2010. Kap. 9.
[4]Stand des Menschen als fehlbaren und sterblichen Wesens.
[5]Der österliche Freudenruf in der griechisch-orthodoxen Tradition bringt es sehr schön zum Ausdruck: Christus ist auferstanden! (Antwort:)Er ist wahrhaft auferstanden!
[6]„Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos…“ (1 Kor 15, 17).