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„Seinen Ärger pflegen ist wie Gift trinken und erwarten, dass der, über den man sich ärgert, daran stirbt.“ (Buddha) – Ich muss sagen, Buddha war ein einfühlsamer Mensch. Vor nicht allzu langer Zeit fühlte ich mich ermutigt, jemandem zu vergeben. Es ging zwar nicht um eine direkte Verletzung, die mir widerfuhr, sondern um einen Vorfall in der Vergangenheit, an dem ich sehr litt und der mich innerlich über Gebühr bewegte. Ich wusste nicht, wie ich davon loskommen sollte.
Während mich gute Freunde zu überreden suchten, mit der Person, die mich verletzt hatte „gnädig“ zu sein, las ich den Beitrag im Atlantic, der vom schweren Weg eines Menschen berichtete, der dem Mörder seiner Mutter schließlich vergeben hat. Es handelt sich um Everett Worthington, einen Universitäts-Professor, der schon einige Jahre über die Psychologie der Vergebung geforscht hatte. Wiewohl sein Bruder nie über den gewaltsamen Tod seiner Mutter hinwegkam und sich schließlich selbst das Leben nahm, war Everett fähig, zu vergeben und darüber hinweg zu kommen, jedenfalls soweit, dass er trotz des tragischen Verlusts wieder ein einigermaßen unbeschwertes Leben führen konnte.
Es bleibt jedoch festzustellen: der Gedanke, Vergebung zu üben ist schön, doch wirklich zu vergeben, ist hart. Es ist schon schwer genug, jemandem zu vergeben, der die letzte Praline aus der Dose stibitzt, geschweige denn, etwas Schwerwiegenderes verbrochen hat.
Was mich jedoch im o.a. Beitrag angesprochen hat, war die von Everett selbst entwickelte, fünfstufige sog. „REACH“- Strategie, deren Buchstaben für Recall=Erinnern, ins Gedächtnis rufen, Empathize=sich in die Person, die einen verletzt hat, hineinversetzen, ihr das Altruistic Gift=das Geschenk uneigennütziger Vergebung zuzuwenden, indem man sich z. B. daran erinnert, wie gut man sich selbst gefühlt hat, wenn einem jemand einen Fehler verziehen hat. Als Nächstes sollte man sich Committen=sich bereitfinden, öffentlich z.B. einem guten Freund, oder, wenn möglich, dem Übeltäter selbst zu erklären, dass man ihm vergeben hat. Schließlich kommt es darauf an, am einmal gefassten Entschluss, zu vergeben, to Hold= festzuhalten. Wann immer Gefühle von Ärger hochkommen, erinnere man sich daran, dass man ja alles schon vergeben hat. Soweit Everett’s REACH-Strategie.
Nicht sicher, ob Sie vergeben können? Everett’s Untersuchungen ergaben, dass Vergebung mehrere Vorteile mit sich bringt. Erstens führt sie schnell zu einem deutlichen Stimmungshoch, das Angstgefühle überwindet. Menschen, die vergeben, sind gesundheitlich besser daran, sie schlafen meist besser, haben geringeren Blutdruck und messbar weniger Cortisol, ein Stresshormon im Blut. Interessant ist auch, dass Vergebung das Abnehmen fördert; vergebende Menschen können also im Prinzip höhere Sprünge ausführen, wie eine im Beitrag zitierte Studie anmerkt.
Ich habe selbst persönlich Erleichterung und Frieden verspürt, als ich es schaffte, dem, der mich verletzt hatte, zu vergeben. Er weiß nicht, was ich durchgemacht habe und er weiß auch nicht, dass ich ihm vergeben habe. Mein Problem ist gelöst, der Kummer, den ich mit mir herumtrug, überschattet meine Gedanken nicht mehr, so habe ich den Kopf wieder frei für wichtigere Dinge. Natürlich kommt hier und da noch der eine oder andere Gedanke an das Geschehen auf, doch dann versuche ich das „H“ in „REACH“ zu beherzigen und mich zu erinnern, dass ich ja bereits Vergebung geübt habe. Vielleicht verdient die Person, die mich verletzt hatte, die Vergebung nicht einmal, doch ist es nicht besser zu verzeihen, als dem Kummer zu erlauben, meine Freude zu zerstören?
Ich bin überzeugt, dass der Versuch, das „E“ in „REACH“ umzusetzen, die Wende für mich bedeutete; ich versuchte, mich in die andere Person hineinzudenken und zu verstehen, was ihn bewog, mich zu verletzen. Er war vielleicht selbst verletzt worden und ich bin ziemlich sicher, aus einer solchen Position ebenso gehandelt zu haben, wäre ich an seiner Stelle gewesen, was den Kummer, den ich fühlte, geringer scheinen ließ. Es ist wohl wahr, dass wir glücklicher sind, wenn wir mehr an andere und weniger an uns selbst denken.
Ich habe keinen Zweifel, dass Vergebung eine gute Therapie ist. Wir sollten versuchen, sie immer häufiger anzuwenden. Es tut einfach gut.