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Haben Sie schon mal ihre „Bildschirmzeit“ ermittelt? Also die Zeit, die Sie aktiv mit dem Smartphone verbringen? Eine aktuelle Erhebung der Ohio State University hat 495 Teilnehmer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren zum Thema Smartphones und Stress in Alltag befragt. Danach verwenden die Befragten im Durchschnitt ihr Handy pro Tag vier bis sieben Stunden lang, hauptsächlich zum „sozialen Netzwerken“. Stress tritt auf, wenn das Gerät aus irgend einem Grund nicht zur Hand ist oder nicht funktioniert. Teilweise kommt es zu regelrechter Panik.
Kein-Mobiltelefon-Phobie
Dieses „permanent-erreichbar-sein-wollen“ und „immer-sendebereit-sein-wollen“ führt bei immer mehr Personen zu einer psychischen Krankheit: der Nomophobie (englisch Nomophobia). Das ist ein Kunstwort aus dem englischsprachigen Raum für „No-Mobile-Phone-Phobia“, wörtlich „Kein-Mobiltelefon-Phobie“.
Man kann es kaum glauben: aber gemäß einem Bericht in der Psychology Today schliefen schon 2014 zwei Drittel der befragten Nutzer neben dem Mobiltelefon und mehr als die Hälfte könne es nicht einmal ausschalten. Eine Erhebung ergab darüber hinaus, dass 66 Prozent der US-amerikanischen Mobiltelefonnutzer unter Nomophobie litten.
Die typischen Symptome sind: Ängste, depressive Stimmungen oder Nervosität, die durch eine ungewollte Handy-Abstinenz hervorgerufen werden – Stress, Schweißausbrüche, Zittern, Herzklopfen oder Panik im Falle einer Unerreichbarkeit bzw. eines ausgeschalteten Mobiltelefons. Um den Verlust der Erreichbarkeit zu vermeiden, tendieren Nomophobiker dazu, ihr Mobiltelefon gar nicht erst auszuschalten, es nah bei sich zu tragen oder gar ein zweites Telefon anzuschaffen.
Übrigens: Prüfen Sie sich einmal selbst wie Sie reagieren, wenn Sie Ihr Smartphone nicht gleich finden?
Innere Stärke entwickeln
Wie bei vielen anderen „Instrumenten“, die der menschliche Erfindergeist hervorgebracht hat, liegt es an uns, sie in rechter Weise zu nutzen. Technik ist ambivalent: sie hat das Potential, dem Menschen zu dienen – oder aber auch, ihn zu versklaven. Es gilt: je „mächtiger“ eine Technologie ist, umso stärker sind die Pole der Ambivalenz. Und die aktuelle Kommunikationstechnologie ist sehr mächtig.
Deshalb ist es wichtig, vor allem jungen Menschen dabei zu helfen, mit den Möglichkeiten dieser Technologie verantwortlich umzugehen. Andernfalls bewirkt sie genau das Gegenteil: die zwischenmenschliche Kommunikation erleidet schweren Schaden.
Vor allem das permanente Gefühl, etwas zu verpassen, ist der Kerngrund für das Kleben am Handy. Dabei sind die meisten Informationen im ständig laufenden Nachrichtenstrom völlig banal und unbedeutend: „ich gehe jetzt aus dem Haus“, „meine Katze ist krank“, „Borussia Dortmund gefällt mir“ …
Es ist entscheidend, die Anziehungskraft der Geräte zu beherrschen. Das ist eine Sache von Einüben innerer Haltungen, Tugenden, die ohne die Eigenständigkeit und Persönlichkeitsentwicklung nicht möglich sind. Schule und Eltern sind hier gefragt.
Da gibt es oft leider wenig Problembewusstsein. So ist beispielsweise eine Initiative von Informatik-Studenten der TU Berlin, Eltern über die Gefahren von Computerspielen und Handy-Sucht zu informieren, am mangelnden Interesse gescheitert.
Was kann man konkret tun?
Bei Phobien setzen Psychiater oftmals auf Konfrontationen mit der gefürchteten Situation. Es empfiehlt sich daher, sich der medialen Unerreichbarkeit zu stellen und das Smartphone täglich zu festgelegten Zeiten auszuschalten. So können Betroffene erfahren, dass ein Leben ohne Smartphone durchaus möglich ist. Auch diejenigen, die uns „An-WhatsAppen“, sollen so erfahren, dass wir nicht auf jede Nachricht unmittelbar reagieren.
Klare Regeln zu Hause
Besonders beim Essen oder im Büro sollte das Mobiltelefon nicht auf den Tisch gelegt werden. Bei Kindern und Jugendlichen empfiehlt sich die Festlegung von klaren Regeln zum häuslichen Gebrauch der Smartphones. In der Familie von Steve Jobs (dem „Vater“ des Smartphones) war übrigens der Handygebrauch klar reglementiert.
Am besten ist es natürlich, wenn Eltern und Kinder diese Regeln gemeinsam beschließen. Ja, Eltern müssen selbst Vorbild sein! Wenn sie ihren Kindern Verbote auferlegen und sich selbst ungehemmt verhalten, ist das zutiefst kontraproduktiv.
Schon mit solch einfachen Maßnahmen kann der ständige Blick auf das Gerät vermieden werden und auch die Anspannung, die durch das Handy verursacht wird, kann so mit der Zeit nachlassen.
Mittlerweile gibt es Suchteinrichtungen, die auf die Behandlung von Computer- und Handysucht spezialisiert sind und auch Nomophobie therapieren. Dort werden beispielsweise Verhaltensmuster erlernt, die den Blick aufs Smartphone ersetzen. (Mehr zum Thema: Nomophobie: Was steckt dahinter?).
Albert Einstein hat einmal gesagt: „Ich fürchte mich vor dem Tag, an dem die Technik unsere menschliche Interaktion übertrifft. Es wird dann eine Generation von Idioten geben.“
Das wollen wir doch nicht …
Interessanter Artikel zum Thema: Nomophobie: die Angst ohne Smartphone zu sein