Ingbert von Martial
Nummer: 38
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„Mädchenschulen – die schaffen wir glücklicherweise ab“, schreibt ein Bildungsexperte der nordrhein-westfälischen SPD im „Vorwärts“ vom 16. Mai 1987. »Daß Mädchenschulen im Vergleich zu koedukativen ein breites Interessenspektrum fordern«, – das steht im Mitteilungsblatt 135 der Landeselternschaft der Gymnasien NW von 1987. Die Meinungen prallen aufeinander. In Nordrhein-Westfalen gibt es z. Zt. noch ein städtisches Mädchengymnasium. Bundesweit werden insgesamt 165 Mädchengymnasien gezählt, davon etwa 100 in privater Trägerschaft.
Ab Ende der 60er Jahre wurde die Koedukation zunächst an öffentlichen Gymnasien eingeführt. Ausgangspunkt für diese einschneidende Veränderung im Schulsystem war der Gedanke der Chancengleichheit besonders im Hinblick auf einen angeblichen Bildungsrückstand der Mädchen. Bald darauf zogen private Gymnasien nach, vor allem aufgrund von Existenzsorgen durch zurückgehende Schülerzahlen.
Hat die Einführung der Koedukation die erhoffte Chancengleichheit für die Mädchen gebracht? Ist sie eine Bestandsgarantie für private Schulen?
Pädagogische Überlegungen über die Auswirkung der Koedukation auf die Erziehung und Bildung von Jungen und Mädchen wurden lange Zeit von der Diskussion um politische und organisatorische Fragen verdrängt. In der vorliegenden Schrift, die auf einem im November 1987 im Mädchengymnasium Jülich gehaltenen Vortrag basiert, untersucht Privatdozent Dr. Ingbert von Martial das Pro und Kontra.
Das Ergebnis der Untersuchung läßt sich nicht in einem einfachen »Ja“ oder »Nein“ zur Koedukation zusammenfassen. Deutlich wird aber, daß die Abschaffung geschlechtsspezifischer Erziehung einen nicht wiedergutzumachenden Verlust im Bildungsangebot der Bundesrepublik darstellen würde.
Ingbert von Martial, Prof. Dr., lehrt Erziehungswissenschaft an der Universität Bonn. Aus seiner Feder stammen Schriften zu verschiedenen philosophischen und erziehungswissenschaftlichen Themen. Buchveröffentlichungen aus den letzten Jahren sind:
„Sexualerziehung und Elternrecht“ (1990), „Geschlechtserziehung in der Schule“ (1991), „Einführung in schulpraktische Studien“ (1994, 5. Aufl. 1998; zusammen mit J. Bennack), „Schulpädagogik heute“ (1994; hrsg. zusammen mit H. Ludwig und U. Pühse), „Einführung in didaktische Modelle“ (1996).