(Bild: Giotto di Bondone, „Maria wird in den Tempel gegeben“ Giotto di Bondone, Cappella degli Scrovegni, 1304 bis 1306)

Täglich wollen wir ein paar Anregungen geben, jeweils einen Aspekt des Zusammenlebens genauer zu betrachten und zu überlegen, wo und wie wir die Liebe zum Ehepartner neu entfachen können, was dann der ganzen Familie zugute kommt.


Bei einem Zornesausbruch denken: Vielleicht will er sich einmal bei mir aussprechen.

Vielleicht ist das nicht der erste Gedanke, der uns durch den Kopf geht, wenn wir jemandem gegenüberstehen, der gerade all seine Wut an uns auslässt. Bevor wir zu der Idee durchdringen: „Vielleicht will er oder sie sich einmal bei mir aussprechen.“ gehen uns ganz andere Gedanken durch den Kopf: „Was fällt dem/der eigentlich ein!“, „Das stimmt alles nicht. Das war ganz anders.“ Oder einfach nur „Nicht schon wieder!“ Die Reaktionen reichen von Abwehr über Rechtfertigung bis zu eigener Wut oder Resignation. Und doch möchte ich hier einmal anregen, über all diese – oft berechtigten Reaktionen – hinauszuschauen und unser Gegenüber unter dem Gesichtspunkt zu betrachten: „Vielleicht will er/sie sich bei mir aussprechen!“

Was bedeutet das für unsere Kommunikation? Zunächst einmal treten wir innerlich einen Schritt zurück. Wir können versuchen, die Situation zu betrachten, als wären wir eine dritte Person in diesem Gespräch, d. h. wir nehmen die Worte des anderen nicht mehr persönlich. Das hilft uns sehr, die eigene Ruhe zu bewahren und die Fakten hinter den ganzen Emotionen zu entdecken. Wir können uns folgende Fragen stellen:

Worum geht es eigentlich?
Warum regt sich der andere so auf?
Was ist noch alles passiert?
Warum entlädt sich die Wut gerade in meiner Gegenwart? (Bin ich vielleicht die erste Person, die er nach einer schwierigen Situation trifft?)
Was braucht die andere Person? (nur ein offenes Ohr, einen „Blitzableiter“, ein beruhigendes Wort, eine Korrektur der eigenen Sichtweise?)

In der existentiellen Pädagogik (die auf den Ansätzen der Logotherapie von Victor Frankl basiert) gibt es einen „Kernsatz“, den ich aber in sehr vielen Situationen für sehr hilfreich halte: „Was braucht DIESE Person, JETZT von MIR?“ Er umreißt genau diese drei Haken, an denen sich die Reaktionen und Emotionen eines Menschen entzünden: die Persönlichkeit, die Umstände und das Gegenüber.

Versuchen Sie bei der nächsten Auseinandersetzung einmal diesen gedanklichen Schritt aus der Situation heraus zu machen und stellen Sie sich die Frage: Wie würde ein Außenstehender jetzt die Lage beurteilen? Wir können dann viel leichter angemessen auf die Gefühlsausbrüche unseres Partners reagieren.


Zu den Bildern:
Sie stammen von  Giotto di Bondone. Von 1304 bis 1306 malte er die Wände und das Gewölbe der Kapelle Cappella degli Scrovegni in Padua mit 38 Szenen aus dem Leben der heiligen Joachim (nach der Tradition der Vater Marias) und Anna(die Mutter Marias), ihrer Tochter Maria und dem Leben Jesu Christi aus. Die Darstellungen orientieren sich an der Marienlegende, die aus dem frühmittelalterlichen apokryphen Pseudo-Matthäusevangelium stammt.


Alma redemptoris mater ist die marianische Antiphon, die im Stundengebet der katholischen Kirche in der Advents– und Weihnachtszeit entweder zum Abschluss der Vesper oder der Komplet gesungen wird, je nachdem, welche dieser beiden Horen die letzte ist, die in Gemeinschaft gefeiert wird.

Alma Redemptoris Mater,
quae pervia caeli | porta manes
et stella maris,
succurre cadenti, |
surgere qui curat, populo:
tu quae genuisti, | natura mirante,
tuum sanctum Genitorem, |
Virgo prius ac posterius,
Gabrielis ab ore | sumens illud Ave,
peccatorum miserere.
Erhabne Mutter des Erlösers,
du allzeit offene Pforte des Himmels
und Stern des Meeres,
komm, hilf deinem Volke,
das sich müht, vom Falle aufzustehn.
Du hast geboren, der Natur zum Staunen,
deinen heiligen Schöpfer.
die du, Jungfrau davor und danach,
aus Gabriels Mund vernahmst das selige Ave,
o erbarme dich der Sünder.