Dienstag, 30 April, 2024

Personale Erziehung

Hamann, van den Aardweg, Torelló, Plettenberg

Sammelband S10

15€


Schon der bloße Gedanke, man könne einen Doppelgänger haben, läßt jeden Menschen erschrecken. Nicht nur die Einzigartigkeit und Einmaligkeit der eigenen Person, auch die jedes anderen Menschen setzen wir als selbstverständlich voraus. Die Ursache für diese Überzeugung ist ohne Zweifel eng mit dem Person-Sein, mit der Personalität des Menschen verbunden. Im Begriff „person“, der über die griechische Philosophie seinen Weg in das Christentum bis zu uns gefunden hat, sind die wesentlichen Aussagen über den Menschen enthalten. Die Personalität grenzt den Menschen ab gegenüber jedem anderen Lebewesen. Eine Person steht in sich selbst, ist nicht Teil eines anderen, sondern ein unabhängiges Ganzes. Der Person sprechen wir Freiheit und Verantwortlichkeit für das eigene Handeln zu. Alle ihre Taten sind ein unauslöschlicher Bestandteil ihrer eigenen Biographie. Mit der Person ist für uns immer auch ein Gewissen verbunden, das ihm „Du sollst!“ sagt. Zur Person gehört das Bewußtsein der eigenen Geschöpflichkeit, das Wissen um einen Ursprung und ein Ende, um den persönlichen Tod. Daraus erwächst der Person die Fähigkeit, ja die Notwendigkeit nach dem Sinn des eigenen Daseins zu fragen und eine Antwort darauf erhalten zu können.

Mit seiner Personalität eng verbunden ist die Soziabilität des Menschen. Als geschöpfliche, personale Geistsubstanz ist er mitteilungs- und aufnahmefähig, hingeordnet auf ein Du und auf die Gesellschaft, er ist ein „ens soziale“.

Bis zur letzten Begründung der Würde des Menschen, bis zum Verständnis dieser seiner Einzigartigkeit kann aber nur gelangen, wer in ihm eine nach Gottes Abbild und Gleichnis geschaffene Person sieht, deren personale Existenz durch das „Du-Sagen“ Gottes, durch sein Wort erst ins Leben gerufen und durch diese unaulkiindbare personale Beziehung zu ihm im Leben gehalten wird.

Am Anfang jeder Erziehung steht ein Bild vom Menschen. Ohne eine Vorstellung, was der Mensch ist und was er sein soll, ist Erziehung nicht möglich. Für einen Sammelband ‚Personale Erziehung“ ist daher in doppelter Hinsicht die Frage nach dem, was der Mensch ist und welches Bild vom Menschen für die Erziehung zugrundegelegt wird, von Bedeutung.

Mit dem vielschichtigen Begriff „Sozialisation“ setzt sich der erste Beitrag des Sammelbandes auseinander. Professor Hamann untersucht darin wissenschaftlich, in welche sozialen Komponenten der einzelne eingebunden ist. Der Autor wendet sich dagegen, Sozialisation gegen die Freiheit des einzelnen auszuspielen, indem er die große Bedeutung des Individuums hervorhebt.

Der niederländische Psychotherapeut Dr. van den Aardweg weist Wege zum rechten Gebrauch der Freiheit auf. Dazu muß man zunächst die Abhängigkeiten des Menschen und seine Leidenschaften richtig einschätzen. Aus seiner reichen Praxiserfahrung gibt er den Erziehern wertvolle Ratschläge, wie die Erziehung zur seelischen Prophylaxe für ein gelingendes Leben beitragen kann, wenn sie hilft, die Jugendlichen zur Eigenverantwortlichkeit zu führen.

Von einem zutiefst christlichen Verständnis der Person ausgehend läßt der Wiener Psychiater und Theologe Msgr. Dr. Torello den einzelnen in seinem Beitrag entdecken, wie er seine höchste Freiheit in der Liebe, nicht aber in den zerstörerischen Leidenschaften von Sexus und Macht finden kann. Ein Beitrag, der zugleich unverblümt offen ist, der aber auch dafür wirbt, die aufbauende und positive Wirkung grundlegender Tugenden wiederzuentdecken und mutig zu vertreten.

Der Sammelband wird abgerundet durch einen Beitrag von Gräfin Plettenberg, die mit anschaulichen Beispielen aus Ehe und Familie Eltern wie Lehrer dafür gewinnen möchte, Jugendlichen, die auch heute Vorbilder suchen, mit dem eigenen Beispiel glaubwürdige und tragfähige Antworten auf die Frage zu geben, wie man als junger Mensch zu einem sinnerfüllten Leben gelangen kann.

Bruno Hamann, geb. 1927. Studium der Klassischen Philologie, Geschichte, Pädagogik, Psychologie und Philosophie an den Universitäten Würzburg und Freiburg i. Br.; 1964 Promotion. 1970 a.o.Professor und 1974 o.Professor für systematische und historische Pädagogik. Seit 1979 Ordinarius für Pädagogik an der Universität München. Arbeitsschwerpunkte: Grundlegung der Pädagogik, Norm- und Wertproblematik, Pädagogische Anthropologie, Jugendforschung, Familienpädagogik, Geschichte der Erziehung und Bildung.

GJ.M. van den Aardweg, geb.1936. Studium der Psychologie an der Universität Leiden mit M.D.-Abschluß (1961) und an der Universität Amsterdam mit Ph.D.Abschluß (1967). Seit 1962 als Psychotherapeut in privater Praxis. Vorlesungen an verschiedenen Universitäten in U.S.A., Kanada und Brasilien; Gastprofessor für Psychotherapie in Sao Paulo (1977).

Johannes B.Torelló, geb. 1920. Promotion in psychiatrischer Medizin, danach in Theologie; 1949 Priesterweihe. 14 Jahre Seelsorger und Dozent in Italien. Heute österreichischer Staatsbürger und Rektor der Kirche St.Peter in Wien.

Gabriele Gräfin Plettenberg, geb. 1927; verheiratet, drei Kinder und sechs Enkel. Nach einer Buchhandelsund Verlagslehre Studium der Publizistik Germanistik und Geschichte an der Universität Münster. Freie Publizistin; mehrere Jahre Präsidentin der KED und der AKVES; Vorsitzende des internationalen Familienkongresses e.V. Bonn.