Merkt man, etwas gesagt zu haben, das nicht objektiv oder sogar ungerecht war, soll man es sofort und ehrlich zurücknehmen.
In einer Streitsituation – vor allem, wenn die Emotionen schon stark hochkochen – sagen wir manchmal Dinge, die nicht stimmen oder zumindest übertrieben sind. Tatsachen und Bewertungen treffen aufeinander und unüberlegt sprechen wir sie aus und werfen sie dem Gesprächspartner an den Kopf; aus unterschiedlichsten Gründen:
- Um in einer sich steigernden Argumentationskette mithalten zu können (wir setzen immer noch einen drauf!)
- Um durch die Übertreibung unsere innere Verletzung deutlicher zu machen, weil wir meinen, anders würde der Partner es nicht verstehen.
- Um den anderen wissentlich und willentlich zu verletzen!
Es gibt sicher noch viele andere Gründe oder auch Nuancen der oben genannten Punkte, aber sie scheinen mir die wichtigsten zu sein.
Warum auch immer wir in einem Streit Dinge sagen, die nicht (ganz) der Wahrheit entsprechen, es bedarf einer Entschuldigung dafür, bzw. einer Bitte um Vergebung oder zumindest einer Richtigstellung. Wirklich zurücknehmen können wir Worte, die einmal gesprochen wurden, nicht; und das sollten wir immer im Hinterkopf haben. Worte, die einmal ausgesprochen wurden, können noch lange Zeit später einen Widerhall im Gedächtnis des Anderen hervorrufen. Es ist oft eine Erinnerung, die mit vielen negativen Emotionen verbunden ist und viel Bitterkeit nach sich ziehen kann.
Was hindert mich aber daran, auf diesen Schachzug im Streit zu verzichten, bzw. mich dafür zu entschuldigen?
Zunächst einmal muss uns bewusst werden, dass wir objektiv etwas Falsches gesagt haben. Das klingt banal, aber im Eifer des Gefechtes sagen wir schnell Dinge, die wir vielleicht anders gemeint haben, als sie bei unserem Gesprächspartner ankommen. Zwischen dem Gesagten und dem Gemeinten klafft oft ein Abgrund, ebenso wie zwischen dem Gemeinten und dem Verstandenen. Wir kommen oft gar nicht auf die Idee, dass unsere Worte falsch verstanden werden könnten!
Ein kleines Beispiel: Ein Bekannter fragte mich bei einer zufälligen Begegnung: “Und? Was macht dein Oller?“ Ich habe im Moment die Luft angehalten, weil ich den Begriff „Oller“ als sehr negativ und abwertend empfinde. Tagelang war ich wütend, hatte mein Gegenüber aber nicht sofort darauf angesprochen. Irgendwann beim Einkaufen traf ich ihn wieder und sprach ihn darauf an, mit stark unterdrückter Wut im Bauch! Er war ganz entsetzt zu hören, was ich bei dem Begriff empfand. Für ihn war „Oller“ einfach ein anderer – nicht negativ besetzter – Begriff für Ehemann.
Wenn dieser Wirrwarr aufgelöst ist, braucht es eine Haltung der Akzeptanz und Einfachheit, den erkannten Fehler einzugestehen – vor sich selbst und dem anderen. Manchmal merken wir, dass es falsch war, etwas zu behaupten, wollen es dem anderen aber nicht zeigen. Unser Stolz hindert uns daran, in aller Einfachheit zu gestehen, dass das Gesagte nicht richtig war. Oft ist es uns nicht möglich, sofort in einem Streit zuzugeben, dass eine Aussage falsch war.
Aber sobald wir uns etwas beruhigt haben, oder sogar der Streit etwas abgeflaut ist, sollten wir den Fehler zur Sprache bringen. Ungeklärte Missverständnisse haben leider die Angewohnheit irgendwann wieder an die Oberfläche zu kommen; und meistens kommen sie dann nicht langsam oder behutsam, sondern eher wie ein Vulkan: mit einer unbändigen Kraft, die zerstörerisch sein kann.
Dann wird auf einmal die ganze Liste von Fehlern aufgezählt, die sich in der letzten Zeit angesammelt haben. So eine Situation ist dann sehr schwer aufzulösen.
Hier nun einige Anregungen zur konkreten Umsetzung:
- Machen Sie sich bewusst, dass das, was Sie sagen, von Ihrem Gegenüber anders verstanden werden könnte. Seien Sie sich nicht immer so sicher, dass Sie beide dasselbe unter einem Begriff verstehen. Fragen Sie dann nach.
- Beobachten Sie sich selbst, ob Sie zu Übertreibungen oder falschen Äußerungen neigen und fragen Sie sich, warum Sie das machen?
- Wenn Ihnen auffällt, dass Sie bewusst etwas Falsches gesagt haben, bitten Sie Ihren Gesprächspartner möglichst zeitnah um Verzeihung. Rechnen Sie jedoch damit, dass der andere zunächst nicht erfreut sein wird zu hören, dass Sie nicht die Wahrheit gesagt haben! Er/Sie wird zurecht wütend sein und das wären Sie vielleicht an seiner/ihrer Stelle auch. Lassen Sie sich nicht auf neue Diskussionen ein, sondern versuchen Sie einfach nur zuzuhören. Wie ein guter Zuhörer damit umgeht, ist dann Stoff für eine spätere Fortsetzung.