(Foto Amazon Prime)
Filmische Qualität: | 3,5 / 5 |
Regie: | Greg Daniels |
Darsteller: | Robbie Amell, Andy Allo, Kevin Bigley, Allegra Edwards, Zainab Johnson, Chris Williams, Owen Daniels, Andrea Rosen, Jordan Johnson-Hinds, Elizabeth Bowen |
Land, Jahr: | USA 2020 |
Laufzeit: | 293 Minuten |
Genre: | |
Publikum: | ab 16 Jahren |
Einschränkungen: | explizite sexuelle Szenen |
im Kino: | 5/2020 |
Die Sehnsucht nach Unsterblichkeit gehört offenkundig zum Menschsein. Wer freilich nicht an ein Leben nach dem Tod in einer jenseitigen Welt glaubt, wird verzweifelt nach einer wie auch immer gearteten diesseitigen Möglichkeit suchen, den Tod zu überwinden. Als im Jahre 1996 das Schaf „Dolly“ als erstes geklonte Tier erzeugt wurde, meinten viele, den Schlüssel zur Überlistung des Todes gefunden zu haben: Wie auch immer das „Selbst“ in eine jüngere Version des „Ichs“ zu übertragen.
Ist inzwischen in der Wissenschaft Nüchternheit eingetreten, was die Machbarkeit eines solchen Klonierungsverfahrens bei Menschen angeht, so spielt die Fiktion spätestens seit einem Vierteljahrhundert diesen Gedanken weiter, so etwa in der nach dem gleichnamigen Roman von Richard K. Morgan von Laeta Kalogridis entwickelten Netflix-Serie „Altered Carbon – Das Unsterblichkeitsprogramm“. Deren Kerngedanke: Nachdem es gelungen ist, den menschlichen Geist zu codieren und in eine kortikale kleine Scheibe zu speichern, kann er dann in verschiedene Körper übertragen werden.
Die von Greg Daniels für Amazon Prime Video entwickelte, zehnteilige Serie „Upload“ bietet eine komödiantische Variante der Suche nach einem unendlichen Leben. Angesiedelt im Jahre 2033 weist die Welt, in der die Handlung spielt, einige technische Fortschritte auf: Autonom fahrende Autos (und Fahrräder!), Nahrungsmittel herstellende 3D-Drucker sowie holografische Telefonie gehören zu den augenfälligsten Erfindungen.
Weiterreichende Folgen hat aber eine weitere Neuerung: Einigen Firmen ist es gelungen, „das Gesetz des Fleisches (zu) überwinden“: Vor dem Tod kann das Bewusstsein eines Menschen in ein digitales Jenseits hochgeladen werden, das freilich nach der jeweiligen Kaufkraft gestaltet ist. Es besteht sogar eine videotelefonische Verbindung zwischen dem „Jenseits“ und der diesseitigen Welt. „Wir sind dem ewigen Leben näher“, heißt es vollmundig. Der Unterschied zu anderen Science-Fiction-Ausprägungen liegt jedoch auf der Hand: Der Mensch lebt nicht mehr in der Welt, sondern in einer wenn auch sich realistisch anfühlenden, so doch unwirklichen Simulation.
Im Mittelpunkt von „Upload“ steht der Software-Designer Nathan (Robbie Amell), der bei einem Unfall mit seinem autonom fahrenden Auto tödlich verletzt wird. Als er ins Krankenhaus geliefert wird, entscheidet seine reiche Freundin Ingrid (Allegra Edwards), dass er nicht in einen OP, sondern in die „Upload Rooms“ gebracht wird. Sein Bewusstsein (oder seine Seele) wird dort in das digitale Jenseits „Lake View“ hochgeladen.
Dieses „einzige digitale Leben nach dem Tod im spätviktorianischen Stil der USA“ wird von einer Firma namens Horizen verwaltet. Nathans Sachbearbeiterin Nora (Andy Allo) kommuniziert von ihrem Arbeitsplatz im Großraumbüro aus mit ihren Kunden, kann sich jedoch auch als Hologramm nach Lake View transportieren lassen, so dass „persönliche“ Kontakte entstehen.
Serienentwickler Greg Daniels nennt „Upload“ eine Satire auf „Themen wie Ungleichheit, Umweltschädigung, den Verlust von Privatsphäre und das Aufstreben von großen Tech-Firmen“. Allerdings sei sie eher eine „Charakter-Comedy über Wissenschaft und Liebe, die über den Tod hinausgeht“. Denn: „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir unseren Geist irgendwann wirklich in eine virtuelle Existenz hochladen werden.“ Zu der jenseitigen „Dreiecksgeschichte“ kommt ein gewisser Krimi-Nebenstrang. Denn bald entsteht der Verdacht, dass Nathans Tod kein Unfall war.
Als satirisch kann die Serie bezeichnet werden, weil sich das Jenseits anders erweist, als von der Werbung angepriesen. Auf den ersten Blick sieht es idyllisch aus, aber mit zunehmender Verweildauer muss Nathan feststellen, dass nicht nur ärgerliche technische Pannen immer wieder auftreten, sondern dass Lake View vor allem eins ist: im wahrsten Sinne todlangweilig.
Dazu kommt eine deutliche Gesellschaftskritik: Nathan ist auf seine Freundin Ingrid für alles angewiesen, da sein Aufenthalt und damit auch jede noch so kleine Extraleistung über Ingrids Kreditkarte läuft. Denn auch in Lake View gibt es unterschiedliche (Leistungs-)Klassen, wobei sich an der untersten Stufe die „2-Gigs“ befinden: Sobald die ihnen zur Verfügung stehenden zwei Gigabits verbraucht sind, bleiben sie bis zur Neuaufladung am Monatsanfang eingefroren. Dass Horizen außerdem seine Mitarbeiter regelrecht ausbeutet, setzt der Kapitalismuskritik die Krone auf.
Eine tiefgreifende Kritik am virtuellen „Weiterleben“ stammt aber von Noras Vater Dave (Chris Williams). Entgegen den Bemühungen seiner Tochter, ihm einen Platz in einem virtuellen „Heaven“ zu besorgen, will er lieber sterben, um sich mit seiner verstorbenen Frau wieder zu vereinen: „Bei ihrem Tod ging ihre Seele in den richtigen Himmel. Die Simulation hat keine Seele.“
Inzwischen hat Amazon Prime Video offiziell eine zweite Staffel von „Upload“ angekündigt. Allerdings könnten wegen der Corona-Krise die Dreharbeiten später als vorgesehenen starten.
„Upload“, Serienentwickler: Greg Daniels, 10 Folgen mit insgesamt 293 Minuten, auf Amazon Prime Video