Filmische Qualität: | 4,5 / 5 |
Regie: | Peter Docter, Ronnie del Carmen |
Darsteller: | |
Land, Jahr: | USA 2015 |
Laufzeit: | 102 Minuten |
Genre: | Animation |
Publikum: | |
Einschränkungen: | |
im Kino: | 10/2015 |
Auf DVD: | 1/2016 |
(Bild: Disney)
Das Animations-Filmstudio Pixar stand fünfzehn Jahre lang nicht nur an der Spitze einer der innovativsten Filmsparten schlechthin. Seit 1995 mit Toy Story der erste vollständig im Computer erzeugte abendfüllende Spielfilm in die Kinos kam, wurde Pixar darüber hinaus mit einer immer perfekteren Animation zum Schrittmacher für die Filmsparte.
Der Schlüssel zum Erfolg darunter etwa zwölf Oscars lag jedoch nicht nur im atemberaubenden technischen Fortschritt, sondern auch in der immer komplexer werdenden Handlung und Dramaturgie. Dies änderte sich jedoch in den letzten Jahren: Nachdem 2010 Toy Story 3 noch einmal mit äußerst komplexen Figuren überraschen konnte, folgten drei Animationsfilme, die trotz gelungener Animation dramaturgisch enttäuschten: Weder Cars 2 (2011) noch Merida Legende der Highlands (2012) und Die Monster Uni (2013) konnten letztlich überzeugen. Sogar von einer Kreativitätskrise in der Animationsschmiede war die Rede.
Alte Stärke
Mit dem neuen Pixar-Film Alles steht Kopf (Inside Out) kehrt das Animations-Filmstudio jedoch zur alten Stärke zurück. Für Drehbuch und Regie zeichnet Peter Docter verantwortlich, von dem die Drehbücher zu den Pixar-Filmen Toy Story (1995), Toy Story 2 (1999), Die Monster AG (1991, auch Regie), WALL-E Der letzte räumt die Erde auf (2008) und Oben (Up) (2009, auch Regie) stammen.
An die wunderbare zehnminütige Sequenz, die in Oben das gesamte Eheleben des Protagonisten Carl mit seiner inzwischen verstorbenen Frau Ellie Revue passieren lässt, knüpfen denn auch Peter Docter und sein Mit-Regisseur Ronnie del Carmen an, um in die Geschichte von Alles steht Kopf einzuführen. In einer schnell geschnittenen Sequenz wird das bisherige Leben der 11-jährigen Riley erzählt, allerdings und das ist das Besondere am neuen Pixar-Film sozusagen aus ihrem Innern heraus daher auch der Original-Filmtitel Inside Out.
Geniale Idee
Denn in der Kommandozentrale in Rileys Innern führen fünf bunte Figuren bei ihren Gefühlen Regie: Die hell gelbe Freude sorgt dafür, dass Riley immer glücklich ist. Der violett gekleidete dünne Kobold Angst zeichnet für Riley Sicherheit verantwortlich. Das kleine Männlein mir rotem Gesicht Wut sorgt dafür, dass alles immer gerecht abläuft. Das grün gekleidete Mädchen Ekel hält Riley davon ab, sich zu vergiften.
Sie drücken Knöpfe, um Rileys Empfindungen zu steuern, so etwa um die Kernerinnerungen die mit der Liebe zu ihren Eltern oder auch mit dem tollen Verhältnis zu ihrer besten Freundin zusammenhängen wachzuhalten oder auch die Persönlichkeitsinseln auszubauen. Da ist aber noch eine fünfte, blau gehaltene und ewig müde Figur mit großer Brille namens Kummer, deren Aufgabe bislang nicht bekannt ist. Ich weiß auch nicht, was sie eigentlich hier soll, sagt denn auch Freude zu Beginn über sie.
Kindliche Gefühlswelt
Dies ändert sich schlagartig, als die 11-Jährige mit ihren Eltern von Minnesota nach San Francisco umzieht, weil ihr Vater dort eine neue Stelle bekommen hat. In der engen, noch leeren Wohnung fühlt sich Riley ziemlich unglücklich. Sie vermisst auch ihre alte Schule und insbesondere ihr Eishockey-Team. In der Kommandozentrale überschlagen sich die Ereignisse. Freude gibt sich alle Mühe, mit ihrem unerschütterlichen Optimismus für gute Laune zu sorgen.
Freude und Kummer werden Freunde
Als aber Freude und Kummer mitsamt Rileys Kernerinnerungen durch ein Transportrohr in Richtung Langzeitgedächtnis gesaugt werden, bleiben Wut, Angst und Ekel zurück, was Riley aus dem Gleichgewicht bringt. Freude und Kummer müssen unbedingt den Weg auf die Kommandobrücke zurückfinden. Sie müssen sich durch das Unterbewusstsein, die Abstraktion und die Fantasie durchschlagen, um den Gedankenzug nicht zu verpassen, der sie auf geradem Weg in Rileys Kopf bringen soll, was sich allerdings als gar nicht so einfach herausstellt.
Die Animation in Alles steht Kopf nimmt sich gelungen aus, auch wenn im Vergleich zu früheren Pixar-Filmen der technische Fortschritt nicht besonders ins Auge fällt. Dafür warten die Regisseure Peter Docter und Ronnie del Carmen mit allerlei visuellen Einfällen auf, so etwa mit Rileys imaginären Freund Bing Bong der aus einer Mischung aus Elefantenkopf, Zuckerwatte und Katzenschwanz besteht , der sich ganz tief im Langzeitgedächtnis gegen das Vergessen stemmt.
Er versteckt sich vor den Vergessern, die als Löscharbeiter für die Verwaltung von Rileys Erinnerungen zuständig sind. Besonders fantasievoll gestalten die Filmemacher nicht nur das Fantasieland, sondern etwa auch die verschiedenen Abstraktionsgrade, die eine Abkürzung zum Gedankenzug darstellen. Ebenso hintergründig nimmt sich aus, dass in diesem Zug Kisten mit Fakten und Meinungen durcheinandergeraten. Vervollständigt wird dieses Feuerwerk an originellen Einfällen mit kurzen Einblicken in die Kommandozentrale anderer Menschen, insbesondere von Rileys Vater und Mutter.
Toller Familienfilm – irgendwie ein Muss
Zeichnen sich die Pixar-Filme im allgemeinen dadurch aus, dass sie tiefgründige Fragen auf verschiedenen Ebenen sowohl für Kinder als auch für Erwachsene behandeln, so auch in Alles steht Kopf. Verlust, Pubertät, vor allem aber Freundschaft und Familie werden auf wunderbar kindgerechte, verspielte Art und Weise und mit einer hohen Dosis Humor aufgearbeitet. Dass Kummer letztendlich schafft, was Freude alleine nicht kann, stellt eine originelle Version des klassischen Gedanken gemeinsam sind wir stark dar.