Die Hochzeit ist ein unvergessliches Ereignis. Für diejenigen, die auf dem Weg zum großen Tag sind oder sich noch einmal hineinversetzen wollen, lassen wir Sie in das „Tagebuch“ einer jungen Braut blicken. 

28. Juni

Es ist 2 Uhr in der Früh. Ich sitze in meinem Bett und an Schlaf ist nicht zu denken. Mir zittern so die Finger, daß ich kaum den Stift halten kann, und mein Puls rast. Ich kann es selber kaum glauben: Ich werde heiraten!

Peter hat mir vor ein paar Stunden einen Heiratsantrag gemacht. Ganz romantisch auf Knien, mit einem riesigen Strauß roter Rosen und einem wunderschönen Ring. Als er sich nach einem Picknick im Grünen auf einmal vor mich hingekniet hat, hat sich alles um mich herum gedreht. Tausend Gedanken sind mir gleichzeitig durch den Kopf geschossen, von denen keiner mir in Erinnerung geblieben ist. Nur eines weiß ich: Ich bin unglaublich glücklich. Den Rest des Tages bin ich wie auf Wolken gegangen, alles scheint unwirklich. Den ganzen Abend sitzen wir Hand in Hand auf dem Sofa und träumen von unserer Zukunft: wo wir leben werden, wie unser Familienleben sein wird, wie wir uns wohl mit 80 Jahren fühlen werden und natürlich, wie unsere Hochzeit sein wird.

10. Oktober

Langsam nehmen unsere Hochzeitspläne Gestalt an. Ich möchte gerne in meiner Pfarrkirche heiraten, in der ich getauft worden bin, zur ersten Beichte und Kommunion gegangen und gefirmt worden bin. Mit dem Pfarrbüro haben wir einen Termin für die Trauung abgesprochen: Es wird der 30. April sein! Als wir das Datum hatten, haben wir uns sofort nach geeigneten Räumen für die Feier umgesehen. Nach ein paar Fehlschlägen sind wir in einem Hotel in der Nähe der Kirche fündig geworden. Der Raum ist wunderschön, von der Größe genau richtig und die Speisenauswahl ist reichhaltig. Wir haben uns auch noch die Honeymoon-Suite für die Hochzeitsnacht zeigen lassen und sind begeistert. So edel habe ich noch nie genächtigt.

1. Januar

Das war eine Woche! Wir haben die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr zur Power-Hochzeitsvorbereitung genutzt. Endlich haben wir die Einladungen fertig, in die Druckerei gegeben und die vielen Briefumschläge beschriftet. Jetzt warten wir nur noch, daß wir die gedruckten Einladungen abholen, eintüten und rausschicken können. Wir haben uns bei Blumengeschäften umgesehen und Angebote eingeholt, die Unterlagen für die Anmeldung beim Standesamt zusammengesucht und die Menüfolge für das Essen festgelegt.

Und das allerwichtigste: Ich habe Brautkleider anprobiert! Gemeinsam mit meiner Mutter habe ich nach MEINEM Brautkleid gesucht. Schon seit meiner frühen Kindheit steht es mir vor Augen: Weiß natürlich – nicht nur der Tradition, sondern auch des Symbolgehaltes wegen –, mit einem weiten Rock, einer kurzen Schleppe und breiten Trägern. Wie ein Prinzessinnenkleid eben. Es hat ein paar Tage gedauert, bis ich es gefunden habe. Zuerst haben mich eine Menge manchmal etwas übereifrige Verkäuferinnen in die seltsamsten Kleider gequetscht und dann geschwärmt, wie gut mir diese wahnsinnig teuren, schiefen Designer-Kleidern ständen oder wie entzückend doch die Kleider seien, in denen man wie ein eingepacktes Sahnebonbon aussieht. Nach vier anfangs aufregenden, später ermüdenden Tagen habe ich schließlich mein Kleid gefunden – und es sieht genau so aus, wie ich es mir vorgestellt habe. Nun hoffe ich nur, daß es auch meinem Bräutigam gefällt.

Peter hat die Zeit dazu genutzt, sich gemeinsam mit seinen Eltern nach einem passenden Hochzeitsoutfit umzusehen. Da er natürlich mein Kleid vor der Hochzeit nicht sehen darf, er aber „emanzipiert“ ist, darf auch ich nicht wissen, was er bei unserer Hochzeit trägt. Ich habe mich mal im Internet umgesehen, wie Mann sich denn so kleidet. Das reicht vom topmodischen, ausgefallenen Anzug bis hin zum Frack mit Zylinder. Ich bin echt gespannt.

15. März

Ich sitze auf dem Boden und vor mir liegen fast 100 Karten mit den Namen unserer Hochzeitsgäste. Die soll ich jetzt so verteilen, daß alle bei der abendlichen Hochzeitsfeier den perfekten Tischnachbarn haben. Nach einer zweistündigen Diskussion über die unterschiedlichsten Lösungsansätze hat sich Peter entnervt ins Nebenzimmer zurückgezogen und packt seine Umzugskartons. Er zieht in ein paar Tagen in unsere neue Wohnung, ich komme dann nach der kirchlichen Hochzeit dazu. Nun sitze ich hier und überlege, ob man lieber die Leute bunt durcheinander würfelt oder die nebeneinander setzt, die bereits befreundet sind. Jedes Mal, wenn ich die meisten Tische nach der einen oder anderen Methode fertig belegt habe, bleiben ein paar Karten übrig, auf denen die Namen von Leuten stehen, die man unter keinen Umständen nebeneinander setzen kann… Unsere Gäste und wir werden wohl Kompromisse eingehen müssen.

2. April

Gestatten, mein Name ist Susanna Herrmann. Daran muß ich mich erst noch gewöhnen. Seit unserer standesamtlichen Trauung gestern trage ich diesen neuen Nachnamen. Ich war vor dem Termin im Standesamt schon ein bißchen aufgeregt, aber als wir dann vor dem Standesbeamten saßen, habe ich das Ganze nicht als etwas Großartiges empfunden. Der Standesbeamte hat relativ belangloses Zeug über Fußballspiele und Fankurven erzählt, bevor er uns die entscheidende Frage gestellt hat. Ich kam mir ein bißchen vor wie bei einer feierlichen Vertragsunterzeichnung. Es ist ein komisches Gefühl: Irgendwie sind wir schon verheiratet, aber ein Eheleben werden wir erst nach der kirchlichen Trauung führen.

29. April

Morgen soll ich dann „richtig“ heiraten – und ich sterbe fast vor Panik! Nicht nur, daß bei dem Fest eine Menge schiefgehen kann, mir beim Eheversprechen der Name meines Mannes nicht mehr einfällt oder ich am Altar ohnmächtig werde – mir macht Angst, was ich da morgen verspreche. „In guten und in bösen Tagen, in Gesundheit und in Krankheit, bis daß der Tod uns scheidet.“ Sicher, ich liebe Peter sehr, aber was kann nicht alles passieren? Einer von uns beiden kann schon in ein paar Tagen durch einen Unfall für den Rest seines Lebens zu einem Pflegefall werden; unsere Liebe kann erkalten; wir können uns gegenseitig durch Desinteresse oder Untreue so sehr verletzen. Werde ich stark genug sein, das Versprechen zu halten? Bevor ich vollkommen verrückt werde, lege ich das Tagebuch lieber zur Seite und sehe zu, daß ich mit den restlichen Vorbereitungen für morgen fertig werde.

So, hier bin ich wieder und mir geht es schon viel besser. Ich habe nicht nur meine Sachen für morgen zusammengepackt, ich war auch beichten. Bei der Vorbereitung auf die Beichte ist mir noch mal das durch den Kopf gegangen, was wir bei unserem zweitägigen Ehevorbereitungskurs besprochen haben: Ich muß das alles gar nicht alleine schaffen, denn die Ehe ist ein Bund zu dritt, Gott ist bei uns und stärkt uns. Wir müssen zwar an uns und unserer Ehe arbeiten, aber wir dürfen auch auf Gottes Beistand vertrauen. Er wird uns die Kraft geben, die wir brauchen. Wenn ein Sakrament Zeichen der Gegenwart Gottes unter den Menschen ist, dann wird Gott in unserer Ehe gegenwärtig sein. Gegen dieses große Geschenk und Geheimnis kommen mir meine Sorgen auf einmal albern vor.

1. Mai

Ich sitze im Flugzeug nach Venedig. Neben mir sitzt mein EHEMANN (!!!) und schläft. Eigentlich bin auch ich total müde und ausgepowert, aber wenn das Herz voll ist… In Gedanken lasse ich immer wieder die beiden vergangenen Tage Revue passieren: Als am Samstag um 7 Uhr mein Wecker klingelt, bin ich schlagartig hellwach und stehe sofort auf den Beinen. Mit einiger Verwunderung darf ich feststellen, daß ich tatsächlich ein paar Stunden geschlafen habe. In absoluter Rekordzeit bin ich im Badezimmer fertig und habe immer nur den einen Gedanken: Lieber Gott, gleich werde ich heiraten. Bitte hilf uns, daß alles gut gehen wird! Peter ruft an und klingt – den Umständen entsprechend – erstaunlich ruhig. Daß er so gar nicht zum Panikmachen neigt, schätze ich in diesem Augenblick so sehr wie noch nie zuvor in unserer Beziehung.

Als ich zum Frühstückstisch gehe und dort meine Familie sehe, werde ich für einen kurzen Moment etwas wehmütig. Mein Zuhause wird schon heute abend woanders sein. Doch solche Gedanken passen wirklich nicht zu einer Braut an ihrem Hochzeitstag und so konzentriere ich mich lieber darauf, etwas Brot in meinem Mund zu zerkleinern und herunterzuschlucken, was am Hochzeitsmorgen nicht gerade einfach ist. Nach dem Frühstück fährt mein Vater mich zum Friseur; und während der Strähne für Strähne meines Haars mit literweise Haarspray besprüht und am Hinterkopf kunstvoll feststeckt, werde ich ganz ruhig.

In mir macht sich ein richtig erhabenes Gefühl breit, ich kann nur die Größe dessen ahnen, was da in wenigen Stunden passieren wird; aber mein Herz und mein Kopf sagen mir, daß es genauso passieren darf und soll, weil ich dazu berufen bin. Ich war mir schon lange bevor ich Peter überhaupt kennengelernt habe darüber im klaren, daß ich heiraten soll. Als junge Studenten haben sowohl Peter und ich uns ernsthaft mit der Frage auseinandergesetzt, zu welcher Lebensform wir berufen sind. Und jetzt ist es endlich soweit, diesem Ruf zu folgen. Ein unfaßbar großes Geschenk! Im Spiegel beobachte ich, wie die Visagistin mein Gesicht schminkt, bevor mir der Schleier aufgesetzt wird. Sie kann das wirklich gut, redet aber die ganze Zeit und so muß ich mich mit weniger feierlichen Themen wie Wetter, Fotografen und hysterischen Bräuten beschäftigen.

Als ich endlich fertig bin und mein Vater mich abholt, haben wir nicht einmal mehr 45 Minuten Zeit bis zum Beginn der Brautmesse. Zu Hause angekommen, hilft meine Mutter mir ins Brautkleid und wider alle Erwartungen bin ich pünktlich fertig, als unser Trauzeuge mit dem blumengeschmückten Hochzeitsauto vorfährt und mir den Brautstrauß überreicht.

Als mein Vater mich in die Kirche führt, bleibt die Welt für mich stehen. Obwohl weit über 200 Leute unserer Einladung zur Brautmesse gefolgt sind, sehe ich nur meinen Bräutigam, wie er da vorne in seinem Cut steht, wunderschön, mit Tränen in den Augen. Es ist, als würde sich eine Glocke über Peter, den Priester und mich ausbreiten, die sich erst nach Ende der Messe wieder hebt. Nur uns drei gibt es – und Gott inklusive allen Heiligen, vor allem Maria, der wir uns nach dem Eheversprechen besonders anvertrauen. Ein unbeschreibliches Gefühl: erhaben, feierlich, ernst – und wahnsinnig glücklich bin ich in diesen 90 Minuten.

Nach der Messe schütteln wir beim Empfang eineinhalb Stunden lang Hände, werden mit Glückwünschen und Geschenken überhäuft. Ich bin gerührt, wie viele Leute an uns gedacht haben. Meine Mutter versorgt Peter und mich währenddessen mit Kaffe und Kuchen. Ganz im Gegensatz zu Peter bin ich unfähig, auch nur einen Bissen herunterzuschlucken. Immer wieder schaue ich meinen Mann von der Seite an und bin von neuem verzaubert…

Langsam merke ich, wie trotz der reichen Versorgung mit Adrenalin meine Beine müde werden. Doch es gibt keine Zeit zum Ausruhen, die Fotografin steht bereit und schiebt uns fast zwei Stunden lang durch die Gegend, drapiert uns vor Bäumen, Säulen und Brunnen, zupft an Cut und Brautkleid und fordert uns unentwegt zum Lächeln auf. Auch wenn ich nach den 120 Minuten das Gefühl habe, nur noch mit Gewalt meine Mundwinkel wieder in die Ausgangsposition herunterschrauben zu können: So leicht ist mir das Lächeln noch nie gefallen.

Zum Abendessen sind nur noch unsere Familien und engsten Freunde eingeladen – und es wird eine wunderschöne Feier. Mit so viel Mühe haben sich die Leute Überraschungen für uns ausgedacht, Sketche und Musikstücke eingeübt, Geschichten geschrieben und Geschenke gebastelt. Peter und ich kommen aus dem Staunen nicht heraus und müssen uns so manche Träne aus den Augenwinkeln wischen – vor Lachen oder vor Rührung. Wir werden sicher noch lange von der Freude dieser Feier zehren. So, wir sind gleich da und werden unsere Flitterwochen genießen. Inzwischen ist Peter aufgewacht und fragt: „Weißt Du noch, damals, als ich Dir den Antrag gemacht habe?“